In Leverkusen ist jüdisches Leben wenig präsent. Seit Kurzem erinnert im Stadtteil Opladen am Platz der Synagoge in der Lessingstraße ein Gedenkstein daran, wie das Bethaus in der Pogromnacht 1938 zerstört wurde. Leverkusens Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn und Bezirksvorsteher Rainer Schiefer haben das Mahnmal im März 2011 eingeweiht.
Vor zwei Wochen – also gut 73 Jahre nach der Pogromnacht – fand erstmals wieder eine jüdische Veranstaltung in Leverkusen statt. Mehr als 100 Menschen kamen am 21. Dezember in Schloss Morsbroich zusammen, um Chanukka zu feiern. Unter den Gästen war auch der Sozialdezernent der Stadt, Frank Stein.
Erfolg Weil es der zweite Tag des Lichterfestes war, zündete der Düsseldorfer Rabbiner Michail Kogan nach der Dienerkerze in der Mitte der Chanukkia zwei weitere Kerzen an. Begleitet wurde die Zeremonie traditionell mit Gebeten und religiösem Gesang. Dass so viele zum Lichterzünden kamen, freute die Organisatoren vom Verein »Davidstern«, denn angemeldet hatten sich nur 40 Teilnehmer.
Der Verein besteht erst seit dem späten Sommer. Noch ist für die Juden in Leverkusen – unter ihnen rund 120 praktizierende – die Jüdische Gemeinde Düsseldorf zuständig. Das möchten die Mitglieder von »Davidstern« gern ändern. Die Organisation des Chanukkafestes sieht auch Frank Stein als ersten Schritt in diese Richtung.
Unterstützung Nicht nur die Errichtung einer eigenständigen jüdischen Gemeinde unterstützt der Sozialdezernent. Mehr noch: »Es wird der Tag kommen, an dem es in Leverkusen eine Synagoge geben wird«, zitierte ihn die Rheinische Post. Aber wird dieses jüdische Gotteshaus wirklich schon bald gebaut?
Momentan stehen dem Verein jedoch noch nicht einmal eigene Räume für religiöse oder kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung. Zwar soll sich das laut Stein ändern, bislang trifft sich der Verein aber noch beim Vorsitzenden Lev Ismakhanov zu Hause. Die Mitglieder bleiben trotzdem sehr optimistisch, denn Unterstützung finden sie auch in Düsseldorf. »Gespräche mit der Stadtverwaltung und der katholischen Kirche laufen bereits«, erklärt Michael Szentei-Heise, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.
»Unser Verein fing mit 30 Leuten an, die Tendenz ist steigend«, sagt Ilja Golub, stellvertretender Vorsitzender von »Davidstern«. »Durch die Zuwanderung leben nun etwa 300 Juden in Leverkusen« – vor den Pogromen 1938 waren es 130. »Die Synagoge soll vielleicht irgendwann kommen, ein genauer Zeitpunkt ist noch nicht abzusehen.«
Erwartungen Michael Szentei-Heise dämpft die Erwartungen: »So weit sind wir noch lange nicht. Erst mal lag der Schwerpunkt auf der Organisation des Chanukkafestes.« Sinnvoll sei die Gemeindegründung natürlich auf jeden Fall, findet Szentei-Heise, »weil sich eine Gemeinde wie ein Magnet auf Mitglieder aus der Peripherie auswirken kann«.
Einen Rückgang der Mitgliederzahl aufgrund von Überalterung befürchtet Szentei-Heise in der künftigen Gemeinde nicht. »Der Bedarf einer eigenständigen Gemeinde war schon vor den großen Zuwandererströmen aus der Sowjetunion da.« Die Gemeinschaft habe auch schon vorher gut funktioniert, als die in Leverkusen lebenden 200 oder 250 Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf angehörten.
Religiosität Dass fast die Hälfte der Mitglieder praktizierend ist, scheint aus historischer und kultureller Sicht beachtlich. Da es sowjetischen Juden im kommunistischen Regime verboten war, ihre Religion auszuüben, sind die meisten mit ihrem Glauben überhaupt nicht vertraut gewesen. Viele müssen erst wieder den Zugang zu ihrer Religion finden. Das könnte mit einer Synagoge vor Ort wesentlich einfacher werden.
Langfristiges Ziel bleibt der Wiederaufbau der Synagoge in Opladen für die eigenständige Gemeinde Leverkusen. »Auch wenn es ein langer Weg wird«, sagt Stein. In den nächsten Wochen will man weitere Gespräche führen