March of The Living

Das erste Mal in Auschwitz

Gerade haben sie die Gedenkstätte des KZs Plaszow besucht und steigen wieder in den Bus ein. Gina Krymalowski (24) und Ron Endzweig (16) sind zwei der rund 55 Jugendlichen, die mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) derzeit in Polen unterwegs sind.

Am Vortag, dem Jom Haschoa, haben sie am »March of the Living« in Auschwitz teilgenommen. Es hat sie auf ganz unterschiedliche Weise beeindruckt. Während Gina Auschwitz eher »als Museum empfand«, ist Ron von den immensen Ausmaßen des KZ-Komplexes ergriffen. »Das Gewaltige, was die Nazis dort aufgebaut haben, der erschreckende Plan hinter der Zerstörung wird hier deutlich.«

Familienspuren Mit einer jüdischen Gruppe aus Deutschland hinzufahren, habe ihm Sicherheit und Geborgenheit gegeben, sagt der 16-Jährige aus Frankfurt. Sein berührendstes Erlebnis sei jedoch gewesen, dass er in einer Archivliste den Namen Endzweig gefunden habe. »Das war ein bewegender Moment für mich, der mich auch noch weiter beschäftigen wird, denn meine Familie weiß davon bislang nichts«, erzählt er. »Mein Großvater hat nicht gerne über die Schoa gesprochen, er hatte keine Nummer, aber wir gehen davon aus, dass er in einem KZ war.«

Die Schlusszeremonie in Auschwitz habe sie am meisten berührt, erzählt Gina Krymalowski. »Ein über 90-jähriger Überlebender sprach und hatte seine Häftlingskleidung angezogen. Das war sehr ergreifend«, sagt die 24-Jährige, die wie Ron zum ersten Mal Auschwitz besucht. Sie stammt aus einer Familie von Schoa-Überlebenden aus Köln. Ihr Großvater war in Plaszow interniert, jedoch lange bevor der Industrielle Oskar Schindler das Werk übernommen hatte. »Mein Großvater kam wohl schon 1940 dorthin und wurde bald in ein anderes Lager verlegt«, erzählt Gina.

Gruppe Die 24-Jährige hat sich ausführlich auf die Reise vorbereitet, vorab viel darüber gelesen und mit ihrer Familie gesprochen. Jetzt, nach ihrem Studium, hat sie Zeit zu einer solchen Fahrt mit der ZWST gefunden. Wie auch für Ron war es ihr wichtig, mit einer jüdischen deutschen Gruppe Auschwitz zu besuchen. Und so waren sie von der Gemeinschaft beeindruckt, überwältigt von den vielen Nationen und dem Gefühl, gemeinsam am Ort des Geschehens zu gedenken.

Ron hat sich im Vorfeld der Fahrt viel mit seinen jüdischen Freunden unterhalten und wurde auch durch den Geschichtsunterricht vorbereitet. »Doch es ist noch etwas ganz anderes, dort zu sein, das erreicht ein ganz anderes Level, ein anderes Niveau«, sagt Ron.

Mit der Reise wollten Gina und Ron »ein kleines bisschen nachempfinden, was unsere Vorfahren erlebt haben oder erleben mussten, und andererseits den Zusammenhalt spüren, der dort unter all den Jugendlichen herrschte«. Die Fahrt wird sie weiter durch Polen unter anderem auch nach Majdanek führen. »Diese Gedenkstätte soll noch ergreifender sein als Auschwitz«, sagt Ron, »weil dort noch sehr viel mehr Originalbauten erhalten und zu sehen sind.«

Antisemitismus

Gert Rosenthal: »Würde nicht mit Kippa durch Neukölln laufen«

Die Bedrohung durch Antisemitismus belastet viele Jüdinnen und Juden. Auch Gert Rosenthal sieht die Situation kritisch - und erläutert, welche Rolle sein Vater, der Entertainer Hans Rosenthal, heute spielen würde

 01.04.2025

Berlin

»Hans Rosenthal erinnert uns daran, dass jüdisches Leben zu Berlin gehört«

Der Regierende Bürgermeister: »Er überlebte die Schoa nur, weil ihn einige mutige Frauen aus Lichtenberg in einer Schrebergarten-Kolonie versteckten«

 01.04.2025

Magdeburg

Magdeburg erhält 800. Stolperstein

2007 wurde der erste Gedenkstein für den früheren Magdeburger Bürgermeister Herbert Goldschmidt verlegt

 31.03.2025

Berlin

Initiatoren halten an »Drei-Religionen-Kita« fest

Aufgrund von Sparmaßnahmen strich der Senat im vergangenen Dezember die Fördergelder

 31.03.2025

Todestag

Wenn Worte überleben - Vor 80 Jahren starb Anne Frank

Gesicht der Schoa, berühmteste Tagebuch-Schreiberin der Welt und zugleich eine Teenagerin mit alterstypischen Sorgen: Die Geschichte der Anne Frank geht noch heute Menschen weltweit unter die Haut

von Michael Grau, Michaela Hütig  31.03.2025

Berlin

Freundeskreis Yad Vashem: Michalski wird Geschäftsführer

In der neuen Position wolle er dazu beitragen, die herausragende Arbeit von Yad Vashem weithin sichtbar zu machen, sagt der bisherige Direktor von HRW Deutschland

 31.03.2025

Porträt der Woche

In der Rolle aufgehen

Nelly Pushkin hat Mathematik studiert – und ist Rebbetzin aus Leidenschaft

von Brigitte Jähnigen  30.03.2025

Buch

Die Zeit festhalten

Der Fotograf Stephan Pramme hat für die »Objekttage« des Jüdischen Museums Berlin Jüdinnen und Juden in Deutschland porträtiert. Sie zeigten ihm Erinnerungsstücke, die für ihre Familien- und Migrationsgeschichte stehen

von Katrin Richter  30.03.2025

Reportage

Rinderschulter und Pastrami

Im Berliner Westend eröffnen ungleiche Freunde die einzige koschere Fleischerei Deutschlands. Ein Besuch im Kälteschrank

von Mascha Malburg  30.03.2025