»Da gehst du besser nicht hin«, hatte man mir die Teilnahme an der Demo am 24. Juli auf dem Heinrich-Heine-Platz am Carsch-Haus (bekanntes Warenhaus, Anm. der Redaktion) ausreden wollen. Aber ich dachte nicht daran, im Heim zu bleiben. Das hätte ich einfach nicht ausgehalten.
Ein bisschen mulmig war mir schon. Sollte ich nicht besser die Versichertenkarte der AOK mitnehmen oder eine Tasche mit dem Nötigsten für ein Krankenhaus packen? Ach, die werden schon was dahaben. Solche Gedanken brauchte ich mir vorher niemals machen. Aber wir wurden plötzlich mit hineingezogen in den palästinensisch-israelischen Krieg. Menschen, die Israel nie gesehen hatten, sollten plötzlich wieder zur Zielscheibe von Antisemitismus werden.
Eine gute Bekannte, die mich begleitete, trug einen Davidstern, und ich schlang mir noch schnell einen Anhänger mit »Chai Israel« um den Hals. Ob es auf dem Weg, in der U-Bahn schon Ärger geben würde? Nein, kein Mensch beachtete uns. Am Carsch-Haus angekommen erblickte ich eine Menge Polizisten, aufgereiht in einer Seitenstraße, um den Durchgang zu versperren.
Ermutigung Um es vorwegzusagen, wir waren sehr zahlreich erschienen, ca. 450 Personen. Alles lief zum Glück friedlich ab. Die dann gehaltenen ermutigenden Reden, unter anderem von Bürgermeister Günter Karen-Jungen (Bündnis 90/ Grüne, gewählt am 3. Juli 2014, Anm. der Redaktion) der Stadt Düsseldorf und von verschiedenen Parteien, Organisationen und Vorstandsmitgliedern der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, lösten bei den Teilnehmern ein starkes Gefühl der Solidarität mit Israel aus. Und auch wir fühlten uns hier nicht mehr ganz alleingelassen.
Großen Beifall gab es auch für eine elektronische Bildtafel mit Informationen über Israel und humanitäre und medizinische Hilfsmaßnahmen, die Israel den Bewohnern in Gaza gewährt. Zum Schluss der Veranstaltung setzte starker Regen ein, dessen ungeachtet sangen wir noch unbeirrt die »Hatikva« von den völlig durchnässten Textblättern ab. Auch die blau-weißen Fähnchen mit dem Davidstern rollten sich klitschnass zusammen. Uns blieb nur noch die Flucht ins Carsch-Haus übrig.
Eine Demonstration der Verbundenheit und Zuneigung ging zu Ende. Mögen wir uns bei fröhlicheren Anlässen wieder einmal am Carsch-Haus treffen. Allen Beteiligten ein Dankeschön.
Lisa Carmel lebt in Düsseldorf im jüdischen Seniorenheim Nelly-Sachs-Haus und schreibt regelmäßig für die Zeitung der jüdischen Gemeinde. Auch wenn dieser Artikel bereits als Leserbrief in der Westdeutschen Zeitung erschienen ist, meinen wir, dass Lisa Carmels ganz besonderer Erfahrungsbericht eine Veröffentlichung auch in der Jüdischen Allgemeinen wert ist.