Fünf Jahre sind vergangen seit dem schicksalhaften Tag in Halle, als ein antisemitischer und rassistischer Anschlag an Jom Kippur die Welt erschütterte. Doch am Montagabend trifft man sich im historischen Festsaal Kreuzberg zur Ceremony of Resilience. Sie ist Teil
des Festivals of Resilience, das noch bis zum 27. Oktober in Berlin und Halle (Saale) stattfindet.
Mischa Ushakov, einer der Organisatoren, erklärt die Philosophie hinter der Veranstaltung: »In der jüdischen Tradition gibt es die Weisheit, dass es eine Zeit zum Trauern und eine Zeit für Freude und Hoffnung gibt. Wir sind hier, um gemeinsam zu gedenken und einander zu stärken.« Die Idee zur Zeremonie sei auch aus dem Wunsch heraus entstanden, das »Gedenken nicht von anderen politisieren zu lassen, sondern selbst zu besetzen.« Diese Haltung der Selbstermächtigung spiegelt das Bedürfnis wider, das Erinnern an den Anschlag in Halle auf eigene Weise und nach eigenen Maßstäben zu gestalten.
Das diesjährige Motto »Trotz_Zweifel« fasst die Spannungsfelder zusammen, in denen sich manche Aktivisten bewegen. Trotz der Zweifel, ob ihre Arbeit gesellschaftliche Verhältnisse wirklich verändern kann, entscheiden sich viele dafür, am Ball zu bleiben: »Man macht es, obwohl man Zweifel hat, ob diese Arbeit Sinn ergibt ... Also macht man es trotzdem«, meint Ushakov. Das Motto steht symbolisch für den Widerstandswillen und die Entschlossenheit, auch in ungewissen Zeiten aktiv zu bleiben.
Gemeinschaft in schwierigen Zeiten
Die Veranstaltung ist Teil eines breiteren Netzwerks, das Menschen vereint, die sich gegen Antisemitismus, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung engagieren. »Wir schaffen hier einen Raum, in dem Menschen zusammenkommen können, um sich auszutauschen, zu heilen und gestärkt in die Zukunft zu blicken«, so Ushakov.
Ein wichtiger Aspekt der Ceremony of Resilience ist die bewusste Entscheidung der Gemeinschaft, das Gedenken selbst zu gestalten. Das unterstreichen zahlreiche Redebeiträge mit persönlichen Stimmen und Erfahrungen Überlebender des Anschlags von vor fünf Jahren. Der Abend führt durch ein sorgsam kuratiertes Programm. Der Klang des Schofars erfüllt den Saal - ein symbolischer Ruf zur Besinnung und zum Handeln. Musikalisch werden verschiedene Stücke über Resilienz und Widerstand interpretiert.
Ein Abend der Verbundenheit
Am Ende des Abends ist die Atmosphäre von stiller Nachdenklichkeit und einem Gefühl der Verbundenheit geprägt. Die Ceremony of Resilience hat einen Raum geschaffen, in dem gemeinsam getrauert, aber auch vorsichtig nach vorne geblickt werden kann.
Ushakov reflektiert: »Heute haben wir gemeinsam der Vergangenheit gedacht und einander Kraft gegeben. In diesen schwierigen Zeiten zeigt sich, wie wichtig es ist, füreinander da zu sein.«
Die Ceremony of Resilience setzt ein stilles, aber deutliches Zeichen: Wenn Antisemitismus und Rassismus weiterhin präsent sind, ist das Zusammenstehen der Gemeinschaft von unschätzbarem Wert. Während das Festival of Resilience in den kommenden Tagen weitere Möglichkeiten für Austausch und gegenseitige Unterstützung bietet, bleibt die Botschaft dieses Abends bestehen: Gemeinsam, mit Empathie und gegenseitiger Unterstützung, kann es einen Weg zu einer »gerechteren Gesellschaft« geben.