Als Peter Maffay für die Preisverleihung auf die Bühne geht, erklingt eines seiner bekannten Lieder: »Über sieben Brücken musst du gehn«. Dieses Mal nicht von ihm selbst gesungen, mit seiner markanten, leicht rauchigen Stimme, sondern gespielt von einem Symphonieorchester, der Neuen Philharmonie Westfalen. Feierlich, dem Anlass entsprechend.
Der Musiker Peter Maffay wird bei der zentralen Eröffnungsfeier zur »Woche der Brüderlichkeit« mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Für seinen Einsatz gegen Extremismus und Rassismus, für seine Positionierung gegen rechts und gegen Antisemitismus, für sein soziales Engagement vor allem für benachteiligte Kinder und Jugendliche.
toleranz Der Deutsche Koordinierungsrat (DKR) der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ehrt damit einen Künstler, der durch seine Musik Werte wie Toleranz und Menschlichkeit vermittelt. Doch Peter Maffay macht nicht nur erfolgreich Musik, er engagiert sich auch sozial. So unterhält die von ihm gegründete Peter Maffay Stiftung vier Einrichtungen in Deutschland, Spanien und Rumänien, wo jährlich bis zu 1800 chronisch kranke, vernachlässigte und traumatisierte Kinder Ferienaufenthalte verbringen können.
Margaretha Hackermeier, Katholische Präsidentin des DKR, eröffnet mit Gedanken zum Thema »Angst überwinden – Brücken bauen«, dem Leitmotiv und Titel der diesjährigen Woche der Brüderlichkeit, die Festveranstaltung. Auch Preisträger Peter Maffay sei ein Brückenbauer mit bürgerlichem Engagement.
»Mit Mut und Zivilcourage hat er sich gegen menschenfeindliche Haltungen öffentlich und ausdrücklich zur Wehr gesetzt. In origineller Weise hat er dies an die Öffentlichkeit gebracht: mit seiner Musik, mit seinen Texten und mit seinen Konzerten ›Rock gegen Rechts‹«, sagt Margaretha Hackermeier in ihrer Ansprache.
Laudatio Peter Maffays Vielfalt als engagierter Musiker und Mensch stellt Udo Dahmen, Direktor der Popakademie Baden-Württemberg, in seiner Laudatio heraus. »Peter Maffay belässt es nicht dabei, die Vision von einer besseren Welt in Liedern zu besingen und auf der Bühne zu inszenieren. Er ist ein Macher«, so der Laudator. Menschlichkeit und Toleranz würden aus Maffays Texten sprechen, die Motivation zu gemeinsamem Tun das Miteinander stärken.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hält eine warmherzige Ansprache – er kennt Peter Maffay schon länger aus seiner einstigen Funktion als Integrationsminister. So waren die beiden bereits vor knapp zehn Jahren gemeinsam mit einer Jugendgruppe in Israel. Anlässlich der Woche der Brüderlichkeit betont der Ministerpräsident die generelle Bedeutung von Gesprächsbereitschaft, auch um Gegensätze zu überwinden – zwischen Menschen, Völkern, Religionen.
Für den anstehenden 80. Jahrestag der Pogromnacht wünscht sich Laschet, »dass wir es schaffen, dass Christen, Juden und Muslime in Nordrhein-Westfalen sich gleichermaßen gegen diesen Hass, gegen diesen Völkermord, gegen diesen Antisemitismus in einer gemeinsamen Erklärung wehren. Das wäre ein schönes Signal für unser Land.«
Ehre Peter Maffay freut sich über die für ihn ehrenvolle Auszeichnung und betont, dass der Preis eigentlich an sein ganzes Team gehen müsste. »Ich könnte ihn zersägen und teilen«, meint er kurz nach der Preisverleihung. Sei es in der Musikwelt, sei es bei seinen sozialen Einrichtungen – für Maffay zählen gegenseitige Motivation, Vernetzung und Teamgeist.
Im Interview mit der Moderatorin der Veranstaltung, Gundula Gause, erwähnt der Sänger seine Verehrung für Schimon Peres. Maffay war dem israelischen Staatspräsidenten mehrmals begegnet.
Neben den Kinderferienheimen, die von der Peter Maffay Stiftung unterstützt werden, setzt sich die Organisation auch für Völkerverständigung ein. So gab es zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem »Peres Center for Peace« Begegnungen zwischen deutschen, israelischen und palästinensischen Jugendlichen. Während der Festveranstaltung kommt daher die Idee auf, sich mit der eigenen Stiftung gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen wieder verstärkt im Bereich deutsch-israelisch-palästinensischer Jugendprojekte zu engagieren.
dialog Rund 1000 Besucher sind zur Preisverleihung und Auftaktveranstaltung der Woche der Brüderlichkeit in das Ruhrfestspielhaus nach Recklinghausen gekommen. Bundesweit findet ein umfangreiches Programm mit Veranstaltungen rund um den christlich-jüdischen Dialog statt. Besonders stark ist in diesem Jahr der Kreis Recklinghausen mit etwa 100 Veranstaltungen vertreten. Bürgermeister Christoph Tesche nennt es ein »gutes Zeichen für intensiven christlich-jüdischen Dialog in der Region«.
Der Auftaktveranstaltung ist eine Nacht mit Ereignissen vorausgegangen, die den interreligiösen Dialog betreffen. Zum einen der Tod von Karl Kardinal Lehmann, an den Moderatorin Gundula Gause als »großen Gestalter der Ökumene und Brückenbauer« erinnert. Zum anderen die Brandschläge auf Moscheen. Rabbiner Andreas Nachama, der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates, verurteilt dies aufs Schärfste. »Gewalt gegen Gotteshäuser, welche sie auch seien, ist nicht akzeptabel«, sagt er auf dem Empfang im Anschluss an die Preisverleihung.
Ministerpräsident Laschet hatte zu Buffet und Begegnung eingeladen. Maffay-Fans nutzten die Gelegenheit für Autogramme und Fotos. Der Musiker selbst dankt für »einen wunderschönen Vormittag« und fasst in einfache Worte, was ihn bei seinem Engagement für benachteiligte Kinder antreibt – und was vielleicht auch für die Christlich-Jüdischen Gesellschaften steht: »Wir haben alle einen lieben Gott, und wir machen keinen Unterschied, wo die Kinder herkommen – wir sind alle gleich.«
Buber-Rosenzweig-Medaille
Bundesweit gibt es derzeit 84 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit mit 20.000 Mitgliedern. Vor Ort setzen sie sich für interreligiösen Dialog ein. Frühere Preisträger der Buber-Rosenzweig-Medaille waren unter anderem die Autorin und Übersetzerin Mirjam Pressler, der Dirigent Daniel Barenboim, der Publizist und Orientalist Navid Kermani sowie Lea Rabin, die Ehefrau des 1995 ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin. Die Medaille erinnert an die jüdischen Philosophen Martin Buber (1878–1965) und Franz Rosenzweig (1886–1929).