Schon seit den 90er-Jahren werden die Werke von Alona Harpaz international ausgestellt. Zunächst fanden ihre großformatigen Blumenbilder und Porträts in Tel Aviv, Jerusalem und Haifa ein interessiertes Publikum, bald auch in New York, Tokio und auf der Biennale in Prag. Zuletzt war sie noch kurz vor der Corona-Krise auf der »Art Madrid’20« vertreten. Längst gehören auch Videoinstallationen zum Œuvre der israelischen Künstlerin.
Mit ihrem vor sieben Jahren realisierten Galerieprojekt Circle1, das sie als kulturelle Brücke zwischen Israel und Deutschland versteht, gehen sie und ihr Team nun neue Wege.
IDEE In Indien hatte die polyglotte Künstlerin einst ihren heutigen Mann kennengelernt und war ihm nach Berlin gefolgt. Sie verstand (und versteht) sich jedoch weiterhin als israelische Künstlerin. Als solche wurde sie im Jahr 2005 von der ebenfalls aus Israel stammenden Kuratorin Doreet LeVitte-Harten eingeladen, mit einer großen Arbeit an der Ausstellung »Die Neuen Hebräer – 100 Jahre Kunst in Israel« im Berliner Martin-Gropius-Bau teilzunehmen. Die Kuratorin und die Künstlerin wurden schließlich Freundinnen. Gemeinsam mit weiteren Partnern entstand die Idee, israelische und gelegentlich auch internationale Kunst in Berlin zu zeigen.
Derzeit sind Ausstellungen und Performances online zu sehen.
Diese Idee war die Geburtsstunde des Galerie-Projekts Circle1, das in Kreuzberg eine erste Heimat fand. Obgleich der Suche nach Sponsoren nur ein mäßiger Erfolg beschieden war, hielt man dort fünf Jahre durch. Dann der Umzug in die Schöneberger Hauptstraße, wo Circle1 von einem Gönner und Hausbesitzer Galerieräume zur Verfügung gestellt worden waren. Die Eröffnung im März 2018 erfolgte kurz vor dem 70. Geburtstag des Staates Israel.
Das Thema der Ausstellung hatte den für diesen Anlass ungewöhnlichen Titel Body Talk (Körpersprache). Kurator Ofir Dor erklärte seinerzeit gegenüber dieser Zeitung: »Für diejenigen Maler, die nach der Staatsgründung in Israel groß geworden sind, spielten Körper, die eindeutig als solche zu erkennen sind, lediglich eine untergeordnete Rolle.«
In diesem Spannungsfeld zwischen Titel und Realität konnte mit Unterstützung namhafter israelischer Galerien eine imposante Werkschau an Gemälden, Fotografien und Videokunst aus 70 Jahren Israel zusammengestellt werden.
UMZUG Von Anfang an war dem Team von Circle1 um Alona Harpaz klar, dass jene Räume in Schöneberg nur zeitlich befristet zur Verfügung stehen würden. Das Haus stand schließlich zum Verkauf. Vor wenigen Wochen war nun der Tag gekommen, an dem die letzten Exponate abgehängt wurden.
Für das Circle1-Team kein Grund, nicht neue Ideen und Projekte zu verfolgen, zunächst online, so wie ja wegen der Corona-Pandemie auch andere Galerien und Museen zu verfahren gezwungen waren.
Anfang Juni etwa hat Noga Shtainer, Dokumentarfotografin und bildende Künstlerin, ihre Arbeiten in einem Livestream auf der eigenen Instagram-Seite vorgestellt. Und Mitte des Monats fand ebenfalls online – auf Facebook – eine geführte Videotour durch die Stadtlandschaften von Wien und Tel Aviv unter dem Titel »Briefe an einen Großvater, den ich nie getroffen habe« statt.
Für die Zukunft ist eine Art Galerie-Hopping geplant.
Die ebenfalls in Deutschland lebende israelische Künstlerin Yael Peri las dabei eine einseitige Korrespondenz mit ihrem Großvater David Pienaker Bleistift, einem modernistischen Architekten, der im Jahr 1933 von Wien aus nach Tel Aviv einwanderte. In einer Reihe von Notizen, in denen sie ihre Geschichten aus beider Perspektiven erzählte, versuchte die Künstlerin, »die verborgenen Fäden aufzudecken, die ihre Flugbahnen und die ihres Großvaters verbinden«.
Kuratorisch betreut wurde dieses Projekt von Dan Allon, einem interdisziplinären Künstler und ausgewiesenen Experten in den Bereichen visuelle Kunst und Graphic Novels. Einziges Manko: Die Performance war nur für jene zugänglich, die über einen Facebook-Zugang verfügen. Dort ist unter dem Stichwort »circle1gallery« auch das weitere Programm der Galerie zu sehen.
PLÄNE Auf Dauer aber wird Circle1 seine Künstler ohnehin nicht – oder jedenfalls nicht ausschließlich – online vertreten. Es wird aber auch nicht, wie in der Vergangenheit, einen festen Standort geben. Vielmehr ist eine Art Galerie-Hopping geplant. Hierfür arbeitet man derzeit daran, die Zusammenarbeit mit verschiedenen Berliner Galerien zu intensivieren. Die Besucher werden also für jede Ausstellung eine andere Location ansteuern müssen.
Am 1. Juli wird das die Galerie »Schaufenster« in der Kreuzberger Lobeckstraße sein. Auch hier werden wieder Werke israelischer Gegenwartskünstler sowie die zweier deutscher Maler ausgestellt. Und Alona Harpaz wird wieder als Kuratorin fungieren.