Marcos Kiesekamp wirkt an diesem Sonntag wie ein Fels in der Brandung – während um ihn herum auf der Julius-Hirsch-Sportanlage in Berlin-Charlottenburg lärmende Kinder Fußbälle in Richtung Hüpfburg kicken, Schiedsrichter erste Freistöße pfeifen und Makkabi-Vorstandsmitglied Isaak Lat die eintreffenden Gäste warmherzig per Mikrofon begrüßt, erklärt der Schachtrainer zwei Teenagern geduldig die Blitzschach-Regeln. Auch sein erfolgreichster Schüler, Leonid Sawlin, habe einmal so angefangen, sagt er lächelnd, allerdings schon im Alter von fünf Jahren.
Sawlins Namen kennt hier jeder. Der 16-jährige Schachspieler hatte im vergangenen Herbst die Europameisterschaft der Junioren gewonnen und damit den Titel für Deutschland geholt – erstmals seit 1996. Der junge Makkabäer ist seitdem so etwas wie ein Star, allerdings ohne Allüren, betont Kiesekamp. »Leo ist nicht abgehoben. Er ist ein ganz bescheidener junger Mann, er ist auf dem Boden, und – was noch viel wichtiger für uns ist – er ist Makkabi treu geblieben«, sagt der Schachtrainer stolz. »Das war eine Sensation – für unseren Verein wie für den gesamten Deutschen Sportbund.«
aufstieg Neben Makkabis Vorzeigedisziplin Schach konnte man am Sonntag beim alljährlichen Sommer-Sportfest des jüdischen Vereins Turnieren im Fußball, Tennis und Volleyball zuschauen; für Kinder hatten die Organisatoren einen Spiele-Parcours und eine Hüpfburg aufgebaut.
Grund zum Feiern gab es zum Saisonende allemal. Neben dem deutschen EM-Titel von Leonid Sawlin freut sich der Verein mit seiner ersten Herrenfußballmannschaft: Sie wird ab kommender Saison in der Berlinliga spielen – nach zwei Relegationsspielen um den letzten Aufstiegsplatz standen die Makkabi-Kicker am Ende der Saison als Aufsteiger in die höchste Berliner Liga fest. Zudem ist die zweite Herrenmannschaft in die Kreisliga A aufgestiegen.
Dementsprechend positiv blickt Makkabi-Sportdirektor und -Vorstandsmitglied Michael Koblenz der nächsten Saison entgegen. Das sei leistungsmäßig noch einmal »ein richtiger Sprung«. Man werde »den einen oder anderen Spieler dazu holen müssen« und sich in den kommenden Wochen mit dem Trainerteam über die Zielsetzung beraten. Die Berlinliga sei »sehr leistungsorientiert«, sagt Koblenz. Doch die Mannschaft fühle sich gut vorbereitet. »Wir wissen, was da auf uns zukommt.« Die Vorbereitungen wolle der Verein vor dem nächsten Saisonstart aktiv angehen. Koblenz hofft zudem, künftig mehr Leute zu gewinnen, die den Verein ehrenamtlich unterstützen wollen – da gebe es »noch immer ein Manko«, bedauert er.
Nationalspieler Umso mehr freue er sich über die Ernsthaftigkeit, mit der der Verein und sein jährliches Sportfest mittlerweile wahrgenommen werden, auch seitens nichtjüdischer Unterstützer. Was einmal als »kleines Hobbysportler-Turnier« begann, habe sich inzwischen zu einem »ambitionierten Sportfest mit Glamourfaktor« entwickelt.
So gehören etwa der ehemalige Bundesligaspieler Andreas »Zecke« Neuendorf und der frühere Nationalspieler Carsten Ramelow, der bis 2004 für Deutschland 46 Länderspiele absolvierte, zu regelmäßigen Teilnehmern bei Makkabis Benefiz-Freundschaftsturnieren. »Sie kommen regelmäßig und gern – das stärkt natürlich das Image des Vereins.« So habe das Sportfest »einen sehr professionellen Anstrich bekommen«.
Am Blitzschach-Tisch von Trainer Marcos Kiesekamp hat sich derweil eine längere Schlange gebildet. Während ringsherum Sportfest-Besucher in der Halbzeitpause mehrerer Turniere zwischen Falafelkiosk, Kuchenbuffet und Infostand auf und ab schlendern, nehmen ein paar Nachwuchs-Interessenten ganz in Ruhe Platz zu einer Schachpartie unter freiem Himmel.