München

Blick in die Vergangenheit

Das Landesamt für Denkmalpflege begutachtet den »Gesetzestafelstein« der Alten Hauptsynagoge

von Leo Grudenberg  06.03.2024 11:58 Uhr

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch mit Generalkonservator Mathias Pfeil Foto: Andreas Gregor/IKG München und Oberbayern

Das Landesamt für Denkmalpflege begutachtet den »Gesetzestafelstein« der Alten Hauptsynagoge

von Leo Grudenberg  06.03.2024 11:58 Uhr

Es war ein Telefonat, in dessen Folge die jüdische Geschichte Münchens umgeschrieben werden musste: Im Juni 2023 informierte Kulturreferent Anton Biebl IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch über die Entdeckung von Fragmenten der Alten Hauptsynagoge an einem Isarwehr.

Bei der anschließenden Bergung kamen mehr als 150 Tonnen Material zum Vorschein, die seitdem vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wissenschaftlich ausgewertet werden. Lediglich ein besonders spektakuläres Objekt wurde dabei vom restlichen Korpus getrennt: ein halbrunder Stein mit einer Abbildung der Tafeln mit den Zehn Geboten. Das knapp 250 Kilogramm schwere Stück hatte in der Alten Hauptsynagoge einst den oberen Abschluss des Toraschreins gebildet.

Seit dem Sommer ist der »Gesetzestafelstein« im Vorraum der neuen Hauptsynagoge am Jakobsplatz zu sehen und öffnet laut Begleittext »den Blick in eine Vergangenheit, die niemals in Vergessenheit geraten darf«. Um einen solchen Blick durch die Brille der Wissenschaft zu werfen, war in der vergangenen Woche eine hochkarätige Delegation des Landesamtes für Denkmalpflege zu einem lange geplanten Besuch in der Kultusgemeinde zu Gast.

Seit dem Sommer ist der »Gesetzestafelstein« im Vorraum der neuen Hauptsynagoge am Jakobsplatz zu sehen.

Generalkonservator Mathias Pfeil und sein Stellvertreter Walter Irlinger wurden gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern des Teams von IKG-Präsidentin Knobloch persönlich begrüßt und in die Synagoge geführt. Dort konnten die Experten den Stein erstmals detailliert begutachten und zugleich die anwesenden Vertreter der IKG über den Fortgang der Arbeiten an den anderen Funden informieren.

Die »beinahe kriminalistische Untersuchung«, wie Ellen Presser als Leiterin des Kulturzentrums die aufwendige Zuordnung der Fragmente beschrieb, sei in der Tat noch längst nicht abgeschlossen, bestätigte Generalkonservator Pfeil: »Wir müssen hier gewissermaßen ein Mosaik zusammensetzen.«

Bis zum Sommer 2023 habe niemand gewusst, dass die Bruchstücke der alten Synagoge, gemeinsam mit denen anderer abgegangener Gebäude dieser Zeit, überhaupt weiterverwendet wurden. Entsprechend habe nach Kriegsende auch niemand danach gesucht. Umso überraschender war dieser Fund: »Sie können sich vorstellen, wie angefasst wir im Landesamt waren, dass Teile der von den Nationalsozialisten abgerissenen Synagoge wieder zum Vorschein kamen.«

Die Ad-hoc-Untersuchungen am Gesetzestafelstein hätten derweil schon erste Ergebnisse gezeitigt, wie der zuständige Referatsleiter Sven Bittner ausführte. Demnach handelt es sich um einen Block aus knapp 400 Millionen Jahre altem Kalkstein, der vermutlich aus einem Steinbruch in Hessen oder Thüringen stammte.

Sobald der Ursprung genauer geklärt sei, werde das auch die Zuordnung der weiteren Fundstücke erleichtern. IKG-Präsidentin Knobloch hofft auf baldige weitere Erkenntnisse: »Diese Funde sind für uns ein Fenster in die Vergangenheit. Was es zu sehen gibt, das möchten wir sehen, bevor alles Geschichte wird.«

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert