EMG 2015

Blau ist eine Taktik

»Blau«, ruft Kapitän David »Galli« Galeczki, und die Spieler spurten los. Der Ball wird schnell über zwei, drei Stationen gepasst. Kurz antäuschen. Dann der Wurf. Der Ball tanzt noch etwas auf dem Ring des Korbs und fällt dann durchs Netz. Im Turnier gäbe es jetzt zwei Punkte – und gleich einen Gegenangriff.

Also geht es schnell weiter. Basketball ist ein temporeiches Spiel, das durch die Körpergröße der Spieler, Wurfgenauigkeit und Taktik entschieden wird. In einer Turnhalle der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt, in der sonst der TuS Maccabi Düsseldorf um Punkte kämpft, hat am Wochenende die deutsche Basketball-Herrenmannschaft ein zweitägiges Abschlusstraining mitsamt Testspiel absolviert. Eine Vorbereitung auf die Europäischen Makkabi-Spiele (EMG) in Berlin.

Dabei ging es nicht um Kondition. Die sollten die zwölf gemeldeten Spieler schon mitbringen, sagt der neue Herren-Trainer Mathias Gierth und schaut, wie seine Schützlinge Freiwürfe trainieren. Die müssen sitzen.

Verstärkung Die Makkabi-Basketballer kommen aus dem Rheinland, Frankfurt/ Main, Cottbus und Nürnberg. Andere Spieler mit doppelter Staatsangehörigkeit reisten aus Israel und der Schweiz an. Die meisten kennen sich, haben schon bei einem früheren europäischen oder beim Weltturnier in Israel zusammen gespielt. »Es ist ein homogenes Team«, sagt der Trainer. Größter Erfolg der Deutschen war bislang der Gewinn der Silbermedaille. Das ist allerdings schon ein Weilchen her: Es war bei der Maccabiah 2003 in Antwerpen. Kapitän Galeczki (37, Maccabi Düsseldorf) war damals schon dabei.

An diesen Erfolg würde das Team 2015 jedenfalls gerne anknüpfen – und ihn vielleicht noch übertreffen. Gespielt wird offensiv auf Sieg. »Das ist ja sozusagen ein Heimspiel. Für mich ist das ein großes Ereignis«, sagt der Jüngste im Team, Gai Isay. Der 19-Jährige hat sich bei den TVN Baskets in Neunkirchen-Seelscheid im Bergischen Land den Ruf eines gefürchteten Distanzschützen erarbeitet. Jetzt übt er mit den Teamkollegen technische Systeme mit allerlei Varianten ein, die »Blau« heißen oder eine Nummer haben – und die vor allem reibungslos ablaufen müssen.

Aber das können die anderen Mannschaften natürlich auch, die zudem häufig einen Größenvorteil haben: In den Profiligen gilt 2,05 Meter für Basketballer als Gardemaß, gerne auch etwas mehr. Beim EMG-Turnier dürften Israelis und Russen die deutsche Auswahl meist deutlich überragen. Die Gastgeber sind mit ihren 1,80 bis 1,95 Meter darauf angewiesen, ihre mangelnde Körpergröße durch Tempo und Technik auszugleichen. »Ein Vorteil für uns ist das relativ junge Durchschnittsalter von etwa 28, 29 Jahren«, erzählt der Trainer. Gespielt wird im System Fünf gegen Fünf – aber durch die häufigen Auswechselungen wird jeder aufgestellte Spieler zum schweißtreibenden Einsatz kommen.

Einige der Korbjäger wie Isay haben den Weg über die deutsche U16- und U18-Auswahl ins Herren-Team gefunden, sie spielen also schon jahrelang zusammen. Und sie kennen wiederum Trainer Gierth seit Langem. Er machte bislang junge Talente fit für die Turniere in Europa und Israel – und trainiert die Herren von Maccabi Düsseldorf. Dass hier immer nur von Jungs und Herren die Rede ist, liegt übrigens schlicht daran, dass es aus Mangel an Spielerinnen keine Bundesauswahl jüdischer Basketballerinnen gibt.

Trainingspartner Im Team ist man froh, dass sich mitten in den Ferien auch ein paar Trainingspartner aus Düsseldorf für die Vorbereitung fanden – und dass am Sonntag mit den Basketballern aus dem Nachbarort Kaarst eine komplette Mannschaft zum Kräftemessen gegen die jüdische Auswahl antrat. Das Spiel konnte das Makkabi-Team mit 58:49 gewinnen.

Am kommenden Wochenende wird in Duisburg noch einmal intensiv die Taktik trainiert, bevor es gemeinsam nach Berlin geht. Die Trikots sind schon gepackt: Weiß-Blau und Grün (»die Farbe der Fußball-Weltmeister von 1990«). Die Gegner der deutschen Basketball-Herren reisen aus Frankreich, Israel, den USA und Russland an. Insgesamt spielen also fünf Mannschaften in der Hauptstadt aus, wer ins Finale kommt (3. August, 20.30 Uhr). Es wird auch noch ein weiteres Endrundenspiel um die Bronzemedaille geben.

Basketball wird in Berlin, in der Sporthalle Charlottenburg, abseits des Olympiageländes gespielt. Sie fasst zwar bis zu 3200 Zuschauer, aber zum deutschen Eröffnungsspiel am Dienstag, 28. Juli, um 11.30 Uhr gegen Frankreich, dürfte es angesichts der Uhrzeit nicht ganz so voll werden. Angefeuert wird das deutsche Team auf alle Fälle von den mitgereisten Familien vieler Spieler. Damit die Basketballer die Belastungen gut überstehen, fährt ein Physiotherapeut mit.

Konzentration Nervosität angesichts der ersten europäischen jüdischen Titelkämpfe in Deutschland ist in der Turnhalle nicht zu spüren. Dafür ist das Spiel einfach zu dynamisch und die Konzentration auf Ball, Gegner und Mitspieler zu wichtig. Und jederzeit könnte ja auch das nächste taktische System angesagt werden, »Blau« und Co. müssen dann in Sekunden wie ein gut geöltes Uhrwerk funktionieren. Zum Abschluss des Trainings kommen alle noch einmal auf dem Feld zusammen, fassen sich an den Händen und stimmen ihren Motivationsruf an: »Makkabi Chai!«

Der Spielplan der Deutschen Basketball-Herren in der Sporthalle Berlin-Charlottenburg sieht folgendermaßen aus: Dienstag, 28. Juli, 11.30 Uhr gegen Frankreich; Donnerstag, 30. Juli, 18.30 Uhr gegen Israel; Freitag, 31. Juli, 16.30 Uhr gegen Russland; Sonntag, 2. August, 18.30 Uhr gegen die USA.

München

Hand in Hand

Ein generationsübergreifendes Social-Media-Projekt erinnert an das Schicksal von Schoa-Überlebenden – Bayern-Torwart Daniel Peretz und Charlotte Knobloch beteiligen sich

von Luis Gruhler  15.04.2025

Literatur

Die Zukunft Israels hat längst begonnen

Der Schriftsteller Assaf Gavron stellte im Jüdischen Gemeindezentrum seinen aktuellen Erzählband vor

von Nora Niemann  14.04.2025

Porträt der Woche

Eigene Choreografie

Galyna Kapitanova ist IT-Expertin, Madricha und leitet eine Tanzgruppe

von Alicia Rust  14.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Kaiserslautern

»Jetzt beginnt etwas Neues«

Mehr als fünf Jahre hat sich die Sanierung des Gemeindehauses der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz in Kaiserslautern hingezogen. Am Sonntag wurde das Zentrum mit der neu gestalteten Synagoge seiner Bestimmung übergeben

von Joachim Schwitalla  11.04.2025 Aktualisiert

Feiertage

Pessach ist das jüdische Fest der Freiheit - und der Frauen

Die Rolle und Verdienste von Frauen würdigen - dafür ist Pessach eine gute Gelegenheit, sagen Rabbinerinnen. Warum sie das meinen und welchen Ausdruck diese Perspektive findet

von Leticia Witte  11.04.2025

Erinnerungen

Als Charlotte Knobloch ihren ersten Kaugummi aß

Als jüdisches Mädchen überlebte sie die Nazizeit in einem Versteck, bis die Amerikaner ins Dorf kamen. Für Charlotte Knobloch ist das Kriegsende mit süßen und dramatischen Erinnerungen verbunden

 11.04.2025

Pessach

Lang, länger, Seder

Schnell mal eben feiern? Von wegen. Für den ersten Abend muss man sich Zeit nehmen – warum eigentlich? Und wie kommen alle gut unterhalten bis zum Afikoman? Wir haben nachgefragt

von Katrin Richter  11.04.2025

Pessach

Kraft und Zuversicht

Das jüdische Volk war von jeher stark und widerstandsfähig – wir werden auch die Herausforderungen der heutigen Zeit bestehen

von Charlotte Knobloch  11.04.2025