Mit großen Augen schaut ein junger Mann in die Kamera. Eine Hand verdeckt seinen Mund, die andere hat er in die Hüfte gestützt – eine Haltung, die etwas Kokettierendes hat, obwohl ihn sein reich verziertes weißes Hemd und die Schläfenlocken als ultraorthodoxen Juden erkennen lassen. Kontraste wie diese sind das Markenzeichen des israelischen Künstlers Benyamin Reich, der das Bild schlicht »Kittel« genannt hat.
Der Fotograf wurde 1977 als Sohn eines Rabbiners in eine ultraorthodoxe Gemeinde in der Nähe von Tel Aviv hineingeboren. Doch der heute 39-Jährige wollte laut eigener Aussage »mehr von der Welt sehen«.
Früh begann er zu zeichnen und ging nach Paris an die renommierte École des Beaux-Arts zum Kunststudium, später sattelte er auf Fotografie um. Heute setzt Reich die Kamera ein, um »den ultraorthodoxen Juden eine visuelle Stimme« zu geben.
orthodox In seinen Arbeiten bewegt sich Benyamin Reich zwischen den strengen Riten seiner ultraorthodoxen Wurzeln und der Offenheit seines Lebens als Künstler. Passend dazu nannte er seine aktuelle Ausstellung Aggada, »Erzählung«.
»Das Besondere ist sein Blick als Außenseiter auf unsere Gesellschaft und als Insider auf die orthodoxe Gesellschaft«, beschreibt Martina Burgwinkel von der Galerie »Podbielski Contemporary« Reichs Perspektive.
Der Künstler fotografiert mit einer großen Mittelformat-Kamera, die er vor der Brust hält und durch deren Sucher er von oben blickt. »Ich denke, das ist etwas anderes als die Kamera vor den Augen – für mich kommen die Bilder so vom Herzen.« Die Fotos, die er auf diese Weise einfängt, gewähren Einblicke in die sonst oft abgeschottete Welt der Ultraorthodoxie.
Die Ausstellung »Aggada. Erzählung mit Bildern« von Benyamin Reich ist bis zum 18. Juni in der Galerie »Podbielski Contemporary« am Koppenplatz 5 in Berlin-Mitte zu sehen.
Weitere Informationen unter www.podbielskicontemporary.com.
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