Die Bonner Synagogengemeinde wird ein neues Zuhause finden. Jedenfalls übergangsweise, solange ab dem kommenden Frühjahr die umfangsreichen geplanten Renovierungsarbeiten an Synagoge und Gemeinderäumen durchgeführt werden müssen. Die Suche nach einer Ausweichmöglichkeit sei nicht einfach gewesen, so die Zweite Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Ricky Kaminski. »Aber jetzt freuen wir uns, dass wir mit dem Weltsaal im Nebensitz des Auswärtigen Amtes eine Möglichkeit gefunden haben«, sagt sie im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.
Gebaut Ende der 50er-Jahre, steht der Bonner Gemeinde eine Generalsanierung bevor. »Wie überall in Deutschland ist es so, dass die Räumlichkeiten und die Synagoge veraltet sind«, beschreibt Kaminski die Notwendigkeit für eine Sanierung. Elektronik, Kabel, Brandschutz, Bausubstanz, Notausgänge – alles steht auf dem Prüfstand. Nach mehreren Begehungen der Polizei und Feuerwehr wurde klar, es muss etwas getan werden. Aufgrund von Corona kam es zu Verzögerungen, und die Gemeindeverantwortlichen standen vor dem größten Problem: »Wir wussten nicht, wo wir hinkönnen«, so Ricky Kaminski.
ausweichmöglichkeit Seit zwei Jahren lief die Suche nach einer Ausweichmöglichkeit. Es seien auch einige Angebote von der Stadt und aus dem Bereich christlich-jüdische Zusammenarbeit gekommen, aber mal habe es Probleme mit ehemals christlich genutzten Räumlichkeiten gegeben, mal mit dem Sicherheitsschutz, mal hätte erst die Räumlichkeit renoviert werden müssen, mal lag sie zu weit entfernt. »Wir mussten einen Raum finden, der neutral ist, möglichst zentral liegt und den Sicherheitsaspekten entspricht«, fasst Kaminski zusammen.
Seit Kurzem steht fest: Die kommenden Pessach-Feierlichkeiten werden noch in der Synagoge stattfinden, danach soll der Umzug starten. Man bleibt in der Nachbarschaft. Für die rund 1000 Gemeindemitglieder wird sich bei der Anfahrt wenig ändern, die gleiche U-Bahn-Station, nur eine andere Straßenseite.
Die Gemeindevorsitzende schwärmt von dem dann angemieteten Weltsaal. »Ein wunderschöner großer Veranstaltungsraum mit riesengroßen Fenstern, ausgerichtet auf den Rhein. Wir müssen den Raum natürlich ein wenig umgestalten, aber die Voraussetzungen sind gut. Die Räume sind zwar auch im Auswärtigen Amt knapp, aber sie machen es möglich, und dafür sind wir dankbar.« Die Möbel müsse man etwas umstellen, aber auch ein Kiddusch sei möglich, und alles sei mit dem Vorbeter abgesprochen worden.
Ob die Idee, den Toraschrein einzubringen, funktionieren wird, hängt von baulichen Möglichkeiten ab. Der Toraschrein wurde damals in der Synagoge selbst zusammengebaut und hat Maße, die einen Transport immens erschweren. »Wir würden uns freuen, wenn das möglich ist, aber können es nur machen, wenn der Schrein erhalten bleibt.«
Mitarbeiter Räume für die Mitarbeiter sind ebenfalls eingeplant. Die Sozialabteilung zieht bereits im Januar um, um sich mit den Räumen vertraut zu machen. Neben dem Weltsaal wird es noch Platz geben für die Treffen von Kindergruppen, Chor, Frauenverein und all die anderen Gruppen.
Die Gemeindemitglieder müssen dann beachten, dass eine Anmeldung notwendig ist. »Man kommt nur rein mit Voranmeldung und Besucherausweis.« Das genaue Prozedere werde man den Gemeindemitgliedern dann noch mitteilen, ähnlich wie während der Corona-Zeit.
Auch für die Besuche der frommen Gemeindemitglieder am Schabbat sei alles beachtet worden, was möglich sei, um den religiösen Vorgaben gerecht zu werden. Allgemein ist es ein Vorteil für die Jüdische Gemeinde, dass man auf die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen der politischen Institution setzen kann.
Geschirr Ab Mai soll es dann losgehen. Alles muss raus. Bestuhlung und Archiv, Akten und Geschirr, Kultusgegenstände und Kücheneinrichtung. Denn von der Synagoge wird das Dach abgehoben, die gesamte Fensterfront entfernt. Für die Zwischenlagerung des Mobiliars ist eine derzeit frei stehende Wohnung im Nebenhaus der Gemeinde vorgesehen, so könne man auf angemietete Container verzichten. Zwei Jahre werden die Renovierungsarbeiten an dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude mindestens dauern.
Der Wunsch der Zweiten Gemeindevorsitzenden: »Wir hoffen, dass alles möglichst reibungslos über die Bühne geht, dass es mit den Terminen, den Ausschreibungen und den Baufirmen alles klappt, und dass unsere Gemeindemitglieder sich mit der veränderten Situation gut arrangieren.« Die Alternative sei gewesen, die Gemeinde während des Umbaus für zwei Jahre zu schließen – und das wäre keine gute gewesen.