Diplomatie

Besuch mit Differenzen

Israels Außenminister Eli Cohen traf in Berlin auf Annalena Baerbock und Vertreter der jüdischen Gemeinde

von Lilly Wolter  01.03.2023 12:14 Uhr

Gedenken: Eli Cohen am Holocaust-Mahnmal Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Israels Außenminister Eli Cohen traf in Berlin auf Annalena Baerbock und Vertreter der jüdischen Gemeinde

von Lilly Wolter  01.03.2023 12:14 Uhr

»Ein exzellentes Treffen«, schrieb Israels Außenminister Eli Cohen auf Twitter, nachdem er sich mit seiner Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) in Berlin zum Gespräch getroffen hatte. Es war eine freundschaftliche Begegnung. Doch bei entscheidenden Themen klafften die Positio­nen der beiden deutlich auseinander.

Die gemeinsame Pressekonferenz im Auswärtigen Amt begann Baerbock mit den üblichen Freundschaftsbekundungen und dem Bekenntnis zur deutschen Schuld. Sie versprach, dass sich Israel in puncto Sicherheit auch zukünftig immer auf Deutschland werde verlassen können.

justizreform Mit Blick auf die umstrittene Justizreform sagte Baer­bock: »Zu den Werten, die uns verbinden, gehört der Schutz rechtsstaatlicher Prinzipien wie die Unabhängigkeit der Justiz. Das war immer ein Aushängeschild Israels.« Eine starke Demokratie brauche eine unabhängige Justiz, die auch Mehrheitsentscheidungen überprüfen könne, mahnte Baerbock, die die Pläne für eine Todesstrafe in Israel kritisierte.

Cohen, der der rechts-religiösen Regierung Israels angehört, entgegnete: »Israel ist eine lebendige Demokratie. In Israel kann jeder sagen, was er will, und zwar jederzeit. Am Ende des Tages wird unsere Justizreform die israelische Demokratie stärken.«

Wo Baerbock mahnende Worte fand, stellte Cohen klare Forderungen.

Nachdem Baerbock sich wiederholt für die Zweistaatenlösung ausgesprochen und die israelische Siedlungspolitik angeprangert hatte, erinnerte Cohen an die jüngsten Opfer palästinensischer Terroranschläge. In Bezug auf die Ausschreitungen in der Stadt Huwara durch israelische Siedler versprach er, dass jene, die für die Gewalt verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden. »Wenn in Israel jemand einen anderen tötet, egal, ob er Muslim, Christ oder Jude ist, kommt er definitiv ins Gefängnis«, so Cohen.

Wo Baerbock mahnende Worte fand, stellte Cohen klare Forderungen. Er rief die Bundesregierung dazu auf, den Druck auf den Iran und dessen Atomprogramm zu erhöhen. Er erinnerte daran, dass die russische Armee im Ukraine-Krieg auch Waffen aus dem Iran erhielt. »Nur starke Aktionen führen zu starken Ergebnissen«, hielt Cohen fest. Für ihn gebe es nur zwei Antworten: Sanktionen und militärische Optionen. Für Baerbock stehe zwar fest: »Der Iran darf nicht in den Besitz einer Atombombe kommen.« Konkrete Pläne, wie die Bundesregierung dies verhindern will, legte sie jedoch nicht vor. Baerbock verwies auf diplomatische Bemühungen.

Auf die Pressekonferenz folgte ein Besuch beim Holocaust-Mahnmal mit Israels Botschafter Ron Prosor.

Auf die Pressekonferenz folgte ein Besuch beim Holocaust-Mahnmal mit Israels Botschafter Ron Prosor. Nach einer Führung durch das Museum bedankte sich Cohen trotz der Differenzen für Deutschlands Solidarität. Mit einer positiven Botschaft endete er aber nicht: »Wir können nicht zulassen, dass ein weiteres Regime, wie das der Nazis, das jüdische Volk vernichtet«, sagte er am Mahnmal. Israel erwarte Taten. Und zwar jetzt.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Zum Abschluss des Berlin-Besuches kam Außenminister Cohen noch mit Vertretern der jüdischen Gemeinschaft zusammen. Mit dabei war Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden. Wie nach dem Treffen zu hören war, hatte Schuster dabei das Unbehagen vieler Israelis über die Justizreformen angesprochen, das auch in den Gemeinden der Diaspora seine Spuren hinterlassen habe. Zugleich sei der Stolz, einen demokratischen Staat als angestammte Heimat zu haben, ungebrochen.

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert