Sonntagnachmittage mit strahlendem Sonnenschein verwandeln den Jakobsplatz im Herzen der Stadt normalerweise in einen Hotspot. Am vergangenen Sonntag war alles ganz anders. Gähnende Leere und verschlossene Türen bestimmten das Bild. Das Coronavirus hat auch die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern fest im Griff.
»Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation, für die es keine Erfahrungswerte gibt. In dieser schwierigen Lage ist jeder Einzelne gefordert, durch verantwortungsbewusstes Verhalten dazu beizutragen, dass wir so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren können«, drückt IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch in einem Brief an die Mitglieder der Gemeinde ihren Wunsch aus.
Auch Besuche im Saul-Eisenberg-Seniorenheim sind verboten.
Gleichzeitig ist sich Knobloch aber auch in einem damit zusammenhängenden Punkt sicher: »So wie das jüdische Volk in seiner langen Geschichte alle Krisen überwunden und alle Herausforderungen gemeistert hat, so werden auch wir als Mitglieder der IKG gemeinschaftlich diese kritische Phase überstehen.« Als Gemeinschaft, so Charlotte Knobloch, sei man jetzt besonders gefordert, Kranken, Schwachen, Bedürftigen und Älteren zu helfen und tatkräftig füreinander dazusein: »Wir müssen und wir werden in dieser schweren Zeit Seite an Seite stehen.«
infektionen Wohl auch mit Blick auf die in München besonders schnell wachsende Zahl der Infektionen, von der auch IKG-Mitglieder betroffen sind, mahnt die Präsidentin, den behördlichen Anweisungen unbedingt Folge zu leisten und alle sozialen Kontakte auf das unbedingt notwendige Minimum zu beschränken. »Dieses sogenannte Social Distancing ist unsere beste Waffe im Kampf gegen die aktuelle Notlage«, ist sie überzeugt.
Dazu gehören auch Besuche in den Seniorenheimen, die bis 3. April ausnahmslos verboten sind. Auch das Saul-Eisenberg-Seniorenheim gehört dazu. Ausnahmefälle müssen vorab mit dem Leiter des Seniorenheims, Kristian Greite, oder Pflegedienstleiterin Dinah Zenker abgesprochen werden (E-Mail-Adresse: eisenberg-seniorenheim@awo-muenchen.de, Telefon: 089/381730).
Trotz aller Einschränkungen ist die IKG weiterhin für die Mitglieder und ihre Sorgen und Nöte da.
Trotz aller Einschränkungen ist die Israelitische Kultusgemeinde weiterhin für die Mitglieder und ihre Sorgen und Nöte da. »Für dringende Anfragen«, so Charlotte Knobloch, »erhalten wir einen Notbetrieb aufrecht.« Die Sozialabteilung ist in solchen Fällen telefonisch erreichbar (089/2024 00-275), auch die Mitgliederverwaltung ist besetzt (089/2024 00-127).
Gegenüber dem Normalzustand sind die Kapazitäten für eine telefonische Beratung allerdings eingeschränkt. Deshalb sollten sich IKG-Mitglieder nur mit denjenigen Anliegen an die Gemeinde wenden, die keinerlei Aufschub dulden. Dennoch können Wartezeiten voraussichtlich nicht immer vermieden werden.
telefon-hotline Für Gemeindemitglieder, die Hilfe benötigen oder dies von Gemeindemitgliedern wissen, hat die Israelitische Kultusgemeinde eine Telefon-Hotline eingerichtet, die sieben Tage die Woche rund um die Uhr erreichbar ist (089/2024 00-180).
»Alle Anfragen«, so IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch, »werden streng vertraulich behandelt.« Betroffene Gemeindemitglieder sollten nicht zögern, wenn Hilfe oder Unterstützung notwendig ist. »Das ist eine Ausnahmesituation, die wir nur gemeinsam bewältigen können«, betont Knobloch.
Unter der E-Mail-Adresse mithelfen@ikg-m.de kann sich jeder melden, der helfen will.
Unter der E-Mail-Adresse mithelfen@ikg-m.de können sich darüber hinaus auch Menschen melden, die sich für hilfsbedürftige Gemeindemitglieder engagieren und etwa Einkäufe oder Besorgungen erledigen möchten.
pessach Auch das bevorstehende Pessachfest hat die IKG im Auge und will trotz aller Widrigkeiten wieder 1500 Pakete mit Mazze an bedürftige Mitglieder verteilen. Der genaue Zeitpunkt und Ablauf stehen noch nicht fest, aber den Worten von IKG-Präsidentin Charlotte Knoboch zufolge werde jede Anstrengung unternommen, um die Regeln des »Social Distancing« auch in diesem Fall einzuhalten und die Ansteckungsgefahr für den Einzelnen zu minimieren.
Von den umfangreichen Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung zur Eindämmung des Coronavirus sind auch Kinderkrippe, Kindergärten und die Schulen der IKG betroffen. Sie bleiben daher wie alle anderen Einrichtungen bis zu den Osterferien geschlossen. Auch die Kita in der Möhlstraße bildet hier keine Ausnahme.
Betreuung Charlotte Knobloch weist allerdings auch darauf hin, dass für Eltern in sogenannten systemrelevanten Berufen die Betreuung der Kinder in jedem Fall gewährleistet sei.
Zum ersten Mal gab es im neuen Gemeindezentrum am Jakobsplatz kein Schabbat-Gebet.
Von den Einschränkungen, die bayernweit gelten, ist auch das religiöse Leben der Gemeinde betroffen. Rabbiner Shmuel Aharon Brodman wies in seiner Botschaft an die Gemeindemitglieder darauf hin, dass es seit Bestehen des neuen Gemeindezentrums am Jakobsplatz zum ersten Mal keine Schabbat-Gebete in der Synagoge gab.
Auf gemeinsames Beten wollte er allerdings trotz der Umstände nicht verzichten. Zusammen mit seinem Sohn machte er dies über das Internet. Darüber hinaus hat Asaf Grünwald, der Religionslehrer der Sinai-Schule, auf YouTube einen Kabbalat Schabbat für Kinder und Jugendliche angeboten.