Erneut sorgt der Jugendverband der Berliner Linken bei seiner Mutterpartei für Irritationen – dieses Mal mit einer israelfeindlichen Erklärung. In einem am 10. April auf einer Vollversammlung gefassten Beschluss wird Israel als »Apartheidstaat« mit »chauvinistischem Charakter« und der Zionismus als »reaktionäre, bürgerliche Ideologie« bezeichnet. Katina Schubert, Vorsitzende der Berliner Linkspartei, dazu: »Selbstverständlich darf man Israel, genau wie jeden anderen Staat, kritisieren.«
Die Grenze sei aber bei einer Infragestellung Israels gegeben, so Schubert im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Sie bezeichnet den Beschluss der Berliner Linksjugend als in Teilen »antisemitisch«. Das müsse Konsequenzen haben. Sie kündigt an, dem Jugendverband die pauschale Finanzierung durch die Partei entziehen zu wollen.
einfluss Dem stimmt Landesvorstandsmitglied Paul Schlüter, der auch dem Jugendverband angehört, zu. Er meint, die Debatte bei der fraglichen Landesvollversammlung sei von einer »antisemitischen Stimmung« und dem Einfluss einer »trotzkistischen, sektenartigen« Gruppe geprägt gewesen. Die habe die Jugendorganisation vor etwa anderthalb Jahren »gekapert«. Für repräsentativ hält Schlüter die in dem Israel-Beschluss zum Ausdruck gebrachten Ansichten aber nicht – weder in der Gesamtpartei noch unter ihren jungen Mitgliedern.
Der Grünen-Politiker Volker Beck hat daran Zweifel. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete hatte der Partei bereits 2011 vorgeworfen, dass sie ein systematisches Problem mit israelbezogenem Antisemitismus habe. In seiner damaligen Rede vor dem Bundestag hatte er die Linken aufgefordert, »sich klarer zu einer Politik gegen Antisemitismus« zu bekennen.
Eine echte Kehrtwende habe er seitdem in der Partei nicht beobachten können, sagte Beck der Jüdischen Allgemeinen. Zwar gebe es bei der Linken »keine monolithische Position zu dem Thema«, dennoch würden »anti-israelische Narrative« durchaus auch von führenden Politikern der Partei gepflegt. Das sei wiederum anschlussfähig für die Positionen der Berliner Linksjugend.
Kurz nach dem Vorstoß Schuberts ruderte die Berliner Linksjugend auf Twitter etwas zurück.
Auch der Landesverband der Linkspartei in der Hauptstadt zeigte sich in Bezug auf die anti-israelische Haltung seiner Jugendorganisation nicht durchweg geschlossen. Der Linken-Abgeordnete Ferat Koçak wird von der Tageszeitung »nd« mit den Worten zitiert: »Wir sollten unserer Jugendorganisation nicht diktieren, welche Positionen sie einzunehmen hat.« Disziplinarmaßnahmen gegen die Linksjugend lehne er ab, diese sei einfach »ein bisschen linksradikaler als andere«.
Damit wendet sich Koçak gegen die von seiner Parteichefin Katina Schubert vorgeschlagene Sanktion. Sie hatte angekündigt, dem Jugendverband Gelder nur noch projektbezogen zukommen zu lassen. Am 29. April wird darüber der Landesvorstand abstimmen. Kurz nach dem Vorstoß Schuberts ruderte die Berliner Linksjugend auf Twitter etwas zurück. Man habe sich »nie gegen die Partei Die Linke gewandt« und trete mit der Mutterpartei gerne über die Finanzierungsfrage in »Austausch«.
DEMONSTRATION Im Umfeld des Bundesvorstands der Linksjugend ist zu erfahren, dass die heftige Kritik und die angekündigten Sanktionen durchaus Eindruck gemacht hätten. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass das israelfeindliche Positionspapier wieder zurückgezogen werde.
Einige Vertreter der Berliner Linksjugend sendeten allerdings am vergangenen Wochenende ein ganz anderes Zeichen. Sie nahmen an den »palästina-solidarischen« Demonstrationen in Neukölln und Kreuzberg teil, auf denen es wiederholt zu antisemitischen Parolen und Beleidigungen kam. Zwar verurteilte die Linksjugend auf Twitter »vereinzelte antisemitische Vorfälle«, kam insgesamt aber zu einem eindeutigen Fazit: »Richtig starke Demo gewesen!«