Wenn man sich mit der Emanzipationsgeschichte jüdischer Familien im 19. Jahrhundert befasst, kommt man am Namen Rosenthal in München nicht vorbei. 2002 erschien ein Buch mit dem Titel Der Aufstieg einer jüdischen Antiquarsfamilie zu Weltruhm. Ein »Exkurs« der weitläufigen bücher- und kunstbesessenen Familie war Gabriella Rosenthal gewidmet.
Zu einer Zeit, als Mädchen noch keine besondere Förderung erfuhren, ersparte ihr Vater, der Kunsthistoriker Erwin Rosenthal, dem ältesten seiner fünf Kinder den weiteren Schulbesuch.
BEGABUNG Stattdessen jobbte Gabriella im Antiquariat ihres Großvaters Jacques, das es in seiner Wertigkeit mit den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek aufnehmen konnte, und entwickelte ihre kreative Begabung an einer Kunstschule in München und während Aufenthalten in Paris und Florenz weiter.
Das meiste, was man heute über sie weiß, ist den Erinnerungen von Rabbiner Tovia Ben-Chorin zu verdanken. Er ist der 1936 in Jerusalem geborene Sohn von Gabriella und Fritz Rosenthal. Dieser hatte sich schon in München Schalom Ben-Chorin genannt, um der Namensgleichheit mit seiner Frau, die er zu Schawuot 1935 heiratete, und all den anderen mit ihm nicht verwandten Rosenthals zu entgehen. 1943 wurde die Ehe geschieden. In seinen Memoiren Jugend an der Isar findet sie Erwähnung, blieb man sich doch lebenslang freundschaftlich verbunden.
Das meiste, was man heute über Gabriella Rosenthal weiß, ist den Erinnerungen von Rabbiner Tovia Ben-Chorin zu verdanken.
Mit einem Bündel ihrer Arbeiten initiierte der Sohn 2019 eine Ausstellung im Centrum Judaicum in Berlin. Eine Variation davon ist nun unter dem Titel Von der Isar nach Jerusalem. Gabriella Rosenthal (1913–1975) im Jüdischen Museum München zu sehen.
Die Münchner Koordinatorin Lilian Harlander hatte sich gefreut, nicht nur die »Wimmelbilder« mit all den Charakteren von britischen Offizieren, orthodoxen Popen, arabischen Händlern bis unverkennbar deutsch-jüdischen Jeckes sowie eine exquisite Esther-Rolle und eine »Jerusalemer Schönheitsgalerie« zu zeigen, sondern auch Arbeiten aus der Zeit vor der Emigration 1935 mit Münchner Originalen und bayerischem Flair.
VERNISSAGE Wegen des Corona-Lockdowns im März fand keine Vernissage statt. Inzwischen kann man Gabriella Rosenthals Kommentare als Bildjournalistin für die »Jüdische Rundschau« in Berlin und die »Palestine Post« besichtigen.
Sie schlug sich als Kunstlehrerin und Touristenführerin durch, war voller Ideen für Bilder zu Talmud-Zitaten, Koch- und Kinderbüchern. Sie, die Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Hebräisch, Arabisch und »das reinste Bayerisch in Israel« sprach, kehrte nach 1945 nie wieder nach München zurück.
Mehr Informationen unter www.juedisches-museum-muenchen.de