Für die beiden jüdischen Kitas in München geht ein ereignisreiches Jahr zu Ende. Während das »Haus für Kinder« in der Möhlstraße in Kooperation mit dem Schwabinger Krankenhaus das Projekt »Teddy Krankenhaus« auf die Beine gestellt hat, eröffnete der Alexander-Moksel-Kindergarten am Jakobsplatz in großzügigen und neu gestalteten Räumen seine Krippengruppe »Bubeles«. Aber auch sonst wurde den beiden Leiterinnen Romana Alfred und Irina Sokolov mit ihren Schützlingen im Alter zwischen ein und sechs Jahren nicht langweilig.
Frau Alfred, lassen Sie uns ein wenig zurückblicken auf das vergangene Jahr. Was waren da bei Ihnen die Highlights?
Das vergangene Kita-Jahr stand unter dem Motto »Unsere Erde«. Bei diesem umfangreichen Projekt haben die Kinder viel gelernt, 3D-Planeten gebastelt und Ausflüge unternommen. Dabei waren vor allem die Ausflüge ins Planetarium und ins Museum »Mensch und Natur« sehr beliebt. Besonders in Erinnerung bleibt aber die Arbeit mit dem Schwabinger Krankenhaus. Da durften die Kleinen an ihren mitgebrachten Stofftieren selbst »operieren« und sie auch röntgen!
Gab es bei Ihnen, Frau Sokolov, im vergangenen Jahr auch Außergewöhnliches, Premieren?
Die wichtigste Premiere war natürlich die Krippeneröffnung. Uns war es überaus wichtig, dass die Jüngsten sich bei uns im Gemeindezentrum wohl und geborgen fühlen. Wenn man heute unsere »Bubeles« so anschaut, meine ich, dass uns dies gelungen ist. Besonders rührend ist es zu beobachten, wie die Kleinen von den Älteren behütet und beschützt werden. Zu den Highlights des Jahres gehören immer auch die Ausflüge. Besonders spannend waren das Kamel- und Ponyreiten, der Vogelpark, die KiddiCar-Fahrt und die Besuche bei einer Polizeidienststelle und bei einem Imker.
Welcher der beiden Kindergärten, die Sie leiten, ist eigentlich der ältere?
Alfred: Das kann man so nicht direkt beantworten. Wir haben gemeinsame Wurzeln. Denn der jüdische Kindergarten in München wurde in der Möhlstraße in Bogenhausen gegründet. 2007 ist die Einrichtung an den Jakobsplatz ins neue Gemeindezentrum umgezogen. Sieben Jahre später gab es einen sehr großen Bedarf an Krippenplätzen, sodass wir eine zweite Kita eröffnet haben – wieder im ursprünglichen Gebäude in Bogenhausen.
Frau Sokolov, können Sie etwas zu Alexander Moksel sel. A. sagen, nach dem Ihre Kita benannt ist?
Alexander Moksel sel. A. war ein besonderer Mensch. Ich hatte das große Glück, ihn und seine Familie persönlich kennenzulernen. Obwohl er als Schoa-Überlebender Grausames erlitten hatte, blieb er in seiner Nächstenliebe und Menschlichkeit ungebrochen. Sein Lebensmotto lautete: »Meine Religion ist es, ein guter Mensch zu sein.« Und wir als Alexander-Moksel-Kita fühlen uns diesem Motto unseres Mäzens verpflichtet.
Wo liegen die Gemeinsamkeiten der beiden Einrichtungen?
Sokolov: Die wichtigste Aufgabe beider Einrichtungen besteht darin, die uns anvertrauten Kinder mit der jüdischen Religion und Tradition vertraut zu machen.
Alfred: Durch biblische Geschichten, Gebete, Lieder, Feste und Schabbatfeiern wollen wir das Fundament für die jüdische Religion legen.
Sokolov: Die zweite gemeinsame Säule basiert auf der Arbeit nach dem Bayerischen Bildungs-und Erziehungsplan und seiner Ausführung.
Worin unterscheiden sich die beiden Einrichtungen?
Alfred: Die Unterschiede finden sich in erster Linie im Konzept und teilweise in der Trägerschaft. Das »Haus für Kinder« ist eine AWO-Einrichtung in Kooperation mit der Kultusgemeinde. Unser Schwerpunkt liegt auf den Krippenkindern. Wir haben vier Krippen- und zwei Kindergartengruppen für Kinder im Alter von drei bis viereinhalb und von viereinhalb bis sechs Jahren. Die altersgemischten Gruppen geben den Kindern große Möglichkeiten zur Entwicklung wichtiger sozialer Kompetenzen.
Sokolov: Der Träger unserer Einrichtung, die sich im Herzen Münchens im Gemeindezentrum befindet, ist die Kultusgemeinde. Wir haben sechs altershomogene Kindergartengruppen und eine Krippengruppe für Kinder ab acht Monaten. Altershomogene Gruppen geben uns die Möglichkeit zu einer intensiven, zielgerichteten und individuellen Förderung.
Wie viele Nationen besuchen Ihre Einrichtungen?
Alfred: Ich schätze, zehn bis zwölf. Das Miteinander ist toll. Egal, woher die Kinder stammen und ob sie jüdisch sind oder nicht.
Sokolov: Bei uns ist die Situation ähnlich. Das Miteinander und Füreinander bei den Kindern ist faszinierend. Wir haben es im vergangenen Jahr besonders gemerkt, als wir 19 ukrainische Kinder aufgenommen haben, die mittlerweile voll integriert sind.
Welche Besonderheiten sind zur Tradition geworden?
Alfred: Bei uns ist es die Lag-BaOmer-Feier. Da wir einen großen Garten haben, versammeln wir uns gemeinsam am Lagerfeuer in einer gemütlichen und familiären Atmosphäre.
Sokolov: Wir backen jeden Freitag Challot mit den Kindern. Es ist zu einer guten Tradition geworden, vom fertigen Gebäck etwas zu Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, zu bringen. Wenn wir Zeit haben, verwöhnen wir mit dem Frischgebackenen auch die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da duftet dann das ganze Haus nach Challe!
Was ist Ihnen für die Kitas mit Blick auf die kommenden Jahre besonders wichtig?
Alfred: Wir wollen für die Kinder ein Nest der Geborgenheit und des Schutzes, für die Eltern ein Ort des Vertrauens und des Miteinanders sein. Damit legen wir eine wichtige Basis für die Zukunft.
Sokolov: Unser Ziel ist es, dass die Kinder im Sinne von Alexander Moksel zu guten Menschen, auch im Sinne des jüdischen Glaubens, heranwachsen und eine fundierte Förderung bekommen.
Mit den Leiterinnen der Kindergärten sprach Andrea Kästle.