München

Bannmeile für Hass

Im Herzen der Stadt: der Jakobsplatz mit Synagoge und Gemeindezentrum Foto: Marina Maisel

Ein entschiedenes und konsequentes Vorgehen gegen nicht hinnehmbare Aktionen des Münchener »Pegida«-Chefs Heinz Meyer fordert Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, in einem schriftlichen Antrag an das Kreisverwaltungsreferat.

Sie reagierte damit auf einen Auftritt des Rechtsextremisten auf dem Jakobsplatz am Samstag nach Schawuot. Meyer hatte sich während der gesamten Dauer des Gottesdienstes in unmittelbarer Nähe der Synagoge postiert und eine Tafel in die Höhe gehalten, auf der ein Verbot der religiösen Beschneidung gefordert wurde.

»Besucher des Gottesdienstes, die die Größe der Kundgebung im ersten Moment nicht abschätzen konnten«, schilderte die IKG-Präsidentin in dem Schreiben die Situation, »waren in heller Aufregung und zeigten sich verstört und betroffen darüber, dass direkt vor einem Gotteshaus gegen die dort ausgeübte Religion demonstriert werden konnte. Die Menschen haben Angst bekommen.«

sicherheit In ihrem Schreiben stellte die IKG-Präsidentin den Antrag, auf rechtlichem und praktischem Weg sicherzustellen, dass der St.-Jakobs-Platz künftig von Veranstaltungen freigehalten werde, die seinem besonderen, vor allem durch das jüdische Zentrum und die Synagoge bedingten Charakter zuwiderliefen. Hinzu komme der Umstand, dass derartige Aktionen geeignet seien, das friedliche städtische Zusammenleben sowie die Sicherheit und das Wohlbefinden der Nutzer der Einrichtungen zu stören.

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch bezog sich auf einen Antrag, den die SPD-Fraktion des Stadtrats bereits im Februar auf den Weg gebracht hatte. Danach solle das Kreisverwaltungsreferat beauftragt werden, die »Einrichtung einer Bannmeile« oder »andere dauerhafte Maßnahmen« zu prüfen, sowohl für den Jakobsplatz als auch für den Platz der Opfer des Nationalsozialismus.

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch bezog sich auf einen Antrag, den die SPD-Fraktion des Stadtrats bereits im Februar auf den Weg gebracht hatte.

In der Begründung des Antrags, dem sich Knobloch nun anschloss, heißt es: »Immer wieder unternehmen Pegida und andere rechtsradikale Gruppierungen den perfiden Versuch, unter Ausnutzung und Missbrauch des Versammlungsrechts diese besonders sensiblen Orte zu entwürdigen. Solchen Versuchen muss ein Riegel vorgeschoben werden.«

wahlausschuss Im Zusammenhang mit der Wahl des Münchener Oberbürgermeisters am 15. März wurde dem Pegida-Chef bereits Einhalt geboten. Er durfte nach einer Entscheidung des Wahlausschusses nicht als Kandidat der »Bürgerinitiative Ausländerstopp« für das Amt antreten. In einer Mitteilung des Kreisverwaltungsreferats heißt es dazu: »Er bietet nachweislich nicht die Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung einzutreten.«

Der Wahlausschuss berief sich bei seiner Entscheidung, den Rechtsextremisten nicht für die OB-Wahl zuzulassen, auch auf die Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz, die Meyer als »maßgeblichen Aktivisten der rechtsextremistischen Szene in München und Bayern« bezeichnet.

An Heinz Meyers rechtsextremistischer Gesinnung hat Charlotte Knobloch keinen Zweifel.

An seiner rechtsextremistischen Gesinnung hat Charlotte Knobloch, die Meyers Aktivitäten von Anfang an mit Sorge verfolgt hat, keinen Zweifel. Sie erinnert zum Beispiel an seinen Auftritt im Jahr 2017, als er die Forderung aufstellte, München müsse wieder die »Hauptstadt der Bewegung« werden. »Wessen Geistes Kind er ist«, kommentiert die IKG-Präsidentin, »bedarf angesichts solcher Äußerungen keiner Erklärung mehr.«

»gefährder« Nach Informationen der »Süddeutschen Zeitung« wird der Münchener Pegida-Chef von den deutschen Sicherheitsbehörden als sogenannter Gefährder eingestuft und gehört damit zu den 43 gefährlichsten Rechtsextremisten bundesweit. Zwei Urteile, eines wegen Billigung der NSU-Mordserie, ein anderes wegen Volksverhetzung, verdeutlichen diese Einschätzung, noch mehr allerdings das Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft, das seit 2012 wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung gegen ihn läuft.

Christian Vorländer, stellvertretender Fraktionschef der SPD im Münchener Rathaus, der den Antrag zur Errichtung einer Bannmeile am Jakobsplatz um Gemeindezentrum und Synagoge mit unterzeichnet hatte, charakterisierte den Pegida-Chef mit deutlichen Worten. Heinz Meyer sei einer der gefährlichsten Gegner der Demokratie. »Es ist geradezu absurd«, sagte Vorländer, »dass jemand, der diese gemeinsamen demokratischen Werte so verachtet, sich an die Spitze unserer Stadt wählen lassen will.«

Charlotte Knobloch vertraut darauf, dass das Kreisverwaltungsreferat die Sorgen der jüdischen Gemeinde ernst nimmt, die die Plakataktion von Meyer ausgelöst hat. Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter äußerte sich hinsichtlich des Politakteurs am rechten Rand klar und deutlich: »Eine Person, die sich derart demokratiefeindlich verhält und gegen bestimmte Gruppen hetzt, steht nicht auf dem Boden unserer Verfassung.«

Berlin

»Wir sind bitter enttäuscht«

Nach den höchst umstrittenen Wahlen in der Jüdischen Gemeinde zogen die Kritiker nun vor Gericht. Doch das fühlt sich nicht zuständig – und weist die Klage ab

von Mascha Malburg  15.01.2025

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025