Alle Blicke in der Residenz des französischen Generalkonsuls in München sind auf den Preisträger gerichtet: Max Mannheimer, 93 Jahre alt, schaut sichtlich bewegt in die Runde der Festgäste; um seinen Hals am roten Band die Insignien eines Kommandeurs der Ehrenlegion. Dann setzt Mannheimer sein unverwechselbares Lächeln auf und hebt zu seiner Dankesrede an – die ersten Sätze auf Französisch.
Verantwortung Der Schoa-Überlebende Max Mannheimer wirbt seit Jahrzehnten für die Verständigung zwischen Menschen und Nationen – mit Leidenschaft, Wissen und Geschick. In der vorigen Woche wurde er dafür in München von der Französischen Botschaft ausgezeichnet. »Besser als jeder andere sind Sie sich der Macht der Worte bewusst, und der Verantwortung, die daraus erwächst«, sagte der französische Botschafter Maurice Gourdault-Montagne bei der Verleihung. Einen Großteil seines Lebens habe Mannheimer unermüdlich für eine fundamentale Botschaft geworben: »Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.«
Fast nur Worte waren es auch, die Max Mannheimer geblieben waren, als er nach den Lagern ins Leben zurückkehrte. Geboren wurde er im Februar 1920 im mährischen Neutitschein. Fast alle Familienmitglieder wurden 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet. Nur er und sein Bruder Edgar überlebten die Schoa.
»Trotz des Schmerzes war ich bereit, den Blick in die Zukunft zu richten«, sagte Mannheimer bei der Ehrung. »Aus dem Dunkel der Geschichte Brücken zu bauen für Aussöhnung und Annäherung, die Demokratie zu stärken und Antisemitismus und Rassismus zu bekämpfen – das war und ist bis heute mein Ansporn.«
Freiheit Er freue sich sehr »über diese hohe Auszeichnung, vor allem, weil sie von dem Land stammt, dessen Losung Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit lautet und das in der Neuzeit das erste westliche Land war, in dem Juden zu gleichberechtigten Staatsbürgern erklärt wurden«, so Mannheimer weiter. Dann gedachte er aller Franzosen, »die im Kampf gegen die deutsche Besatzung ihres Landes ihr Leben ließen und der Menschen, die versucht haben, ihren jüdischen Mitbürgern in den Jahren der Verfolgung beizustehen«.
Viele Weggefährten Mannheimers wollten der Ehrung beiwohnen: Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, der Autor Hans Magnus Enzensberger, die ehemalige Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Barbara Distel, ihre Nachfolgerin Gabriele Hammermann und Dachaus Oberbürgermeister Peter Bürgel. Sie und alle anderen Gäste erhoben das Glas auf Max Mannheimer – und auf Europas Zukunft.