Für seine Verdienste um die Erforschung und Vermittlung des jüdischen Erbes in der Stadt Rees ist der pensionierte Lehrer Bernd Schäfer mit dem Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) ausgezeichnet worden. 100 geladene Gäste verfolgten im Bürgerhaus den Festakt, in dem sich der Preisträger auf Deutsch, Niederländisch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch bedankte.
»Das sind die Sprachen jener Länder, in denen heute die Nachfahren der jüdischen Familien leben, die einst aus Rees fliehen mussten oder in Konzentrationslagern ums Leben kamen«, sagte Bernd Schäfer. Als Lehrer, Geschichtsforscher, Stadtführer, Nachtwächter und Privatmann sei es ihm immer wichtig gewesen, die Vergangenheit sichtbar, spürbar und erlebbar zu machen.
Zeitzeugen Seinen Rheinlandtaler widmete Bernd Schäfer den Zeitzeugen, die ihm seit Jahrzehnten vertrauensvoll von den Schicksalen ihrer Familien erzählen, sowie allen Reeserinnen und Reesern. Er bat die Stadtverwaltung, den Rheinlandtaler künftig in der zweiten Etage des Rathauses öffentlich zu präsentieren: in derselben Vitrine, in der auch der Ehrentaler liegt, mit dem die niederländische Gemeinde Apeldoorn die Stadt Rees im Dezember 2018 für ihre Aufbereitung der deutsch-niederländischen Geschichte würdigte.
Von 66 Reesern entkamen nur 24 dem sicheren Tod durch Flucht oder Ausreise.
In seiner Laudatio auf Bernd Schäfer erinnerte Jürgen Wilhelm, stellvertretender Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland, an die 66 Frauen, Männer und Kinder, die im Jahr 1933 noch die jüdische Gemeinde in Rees bildeten. Nur 24 von ihnen entkamen dem sicheren Tod, durch frühzeitige Flucht oder Ausreise aus Deutschland. »Es ist Ihnen, lieber Herr Schäfer, zu verdanken, dass wir heute die Schicksale vieler dieser Menschen kennen«, sagte der Laudator.
»Durch Ihre Kontakte zu Überlebenden sowie zu Nachfahren der Reeser Holocaust-Opfer gelang es, die Flucht- und Lebenswege zu ermitteln« und durch Ausstellungen, Gedenkveranstaltungen, Führungen und Publikationen mit einem breiten Publikum zu teilen. Auch der »Raum der jüdischen Traditionen« im Koenraad-Bosman-Museum gehe auf die Initiative des Preisträgers zurück. Die im Museum ausgestellten Kultgegenstände aus der ehemaligen Reeser Synagoge, aber auch die historischen jüdischen Friedhöfe seien ein »Schatz, der für die Nachkommen der überlebenden jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus Rees eine besondere, auch emotionale Bedeutung« habe.
Die stellvertretende Landrätin Hubertina Croonenbroek überbrachte Glückwünsche des Kreises Kleve, Bürgermeister Christoph Gerwers lobte Bernd Schäfer als einen Mann, der viele Ideen mit einer Menge Herzblut und Engagement umsetze und die gute Sache immer im Blick habe. Augenzwinkernd fügte der Bürgermeister hinzu: »Die Umsetzung ist gelegentlich chaotisch, sodass strukturiert denkende Menschen manchmal das Bedürfnis haben, Bernd Schäfers Projekten System und Ordnung zu verleihen.«
Herbert Rubinstein, von 1996 bis 2008 Geschäftsführer des Landesverbandes, erinnert sich sehr genau an die Zusammenarbeit mit Bernd Schäfer. Er habe leider am Festakt nicht teilnehmen können, sagte Rubinstein der Jüdischen Allgemeinen. »Als ich 1996 meine Tätigkeit begann, waren die 152 geschlossenen jüdischen Friedhöfe in Nordrhein Teil meines Aufgabenbereiches. Da die Pflege den Kommunen oblag, entstanden viele persönliche Verbindungen zu den dafür in den Garten- und Friedhofsämtern zuständigen nichtjüdischen Menschen. Mit Bernd Schäfer verbindet mich seitdem auch eine persönliche Freundschaft, denn dieser gute und ›normale‹ Mensch vermittelte in seiner Schule ein aktuelles Bild des Judentums in Deutschland und über das ehemalige jüdische Leben in Rees.«