Das Bundesland Bayern verzeichnet allein zehn jüdische Museen. In den vergangenen 20 Jahren sind in der gesamten Bundesrepublik kleine Landsynagogen und alte Industriebauten zu jüdischen Ausstellungsorten um- und ausgebaut worden. Im November feierten im südlichen Bundesland gleich mehrere große und kleinere Museen Jubiläen.
Seit zehn Jahren zeigt das Jüdischen Kulturmuseum Augsburg-Schwaben eine viel beachtete Dauerausstellung. Zur Jubiläumsveranstaltung konnten Augsburger Prominente – darunter Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) – für kostenlose Führungen gewonnen werden. Als das Haus 1985 seine Tore öffnete, war es das erste speziell jüdische Museum in der Bundesrepublik. Die jüdische Geschichte in der Stadt der Fugger und im bayerischen Regierungsbezirk ist jedoch sehr viel älter. Bereits vor mehr als 2000 Jahren siedelten sich in der Region die ersten Juden an. Sie kamen im Tross der Römer ins damalige Germanien. Urkundlich erwähnt werden Juden erstmals im Jahr 1212.
Neueröffnung Die Synagoge, die 700 Personen Platz bietet – eine der sehr wenigen in Deutschland, die in der Pogromnacht von 1938 nicht durch die Nazis zerstört wurden – feiert im kommenden Jahr ihren 100. Geburtstag. Eine Dependance des Museums eröffnete 2014 in einer sanierten ehemaligen Synagoge im Augsburger Stadtteil Kriegshaber.
Man begreife das Gezeigte »als eine Geschichte der Migration, als Abfolge von Niederlassung und Vertreibung, von Integration und Ausgrenzung, von Selbstbehauptung und Anpassung. Die Konzeption lenkt den Blick auf das Verhältnis von jüdischer Minderheit und christlicher Mehrheit. Sie thematisiert religiöse Praxis im Wandel der Zeit«, werben die Museumsmacher für ihre Dauerausstellung.
Das Besondere daran: Es ist, neben der Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin, das einzige jüdische Museum in Deutschland, das in einem noch für Gottesdienste genutzten Bau untergebracht ist. »Für die Besucher bieten sich damit auch einzigartige, so anderswo kaum mehr mögliche Einblicke in eine Synagoge«, sagt Torsten Lattki, der in der Einrichtung für Projektkoordination und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Rund 28.000 Besucher, davon etwa die Hälfte Schüler ab der dritten Klasse, konnten er und seine Kollegen im vergangenen Jahr begrüßen.
Unterfranken Das Museum »Shalom Europa« der Jüdischen Gemeinde Würzburg feierte am 21. November seinen zehnten Geburtstag. Worauf man in der unterfränkischen Bezirkshauptstadt besonders stolz ist: Alle arbeiten hier ehrenamtlich – von den Kuratoren über die Kassierer bis zum Aufsichtspersonal. »In den vergangenen Jahren haben 157 Gemeindemitglieder einen Schulungskursus absolviert«, berichtet Katharina Yarzhembovskaya. Die 64-Jährige, eine frühere Ingenieurin, fungiert als Organisatorin und – zumindest de facto, auch wenn sie selbst den Titel nicht tragen möchte – auch als Leiterin der Einrichtung.
Etwa 30 bis 50 Personen seien regelmäßig aktiv im Museum, das über eine Ausstellungsfläche von etwa 500 Quadratmetern auf zwei Stockwerken verfügt, so Yarzhembovskaya. Die museale Besonderheit der Würzburger sind ihre mehr als 1500 historischen Grabsteine. »Knapp 200 sind dauerhaft in der Ausstellung zu sehen, die übrigen lagern im Depot, wo wir aber auch Führungen für besondere Interessenten anbieten«, erläutert die Organisatorin. Einen Schwerpunkt unter den etwa 6500 jährlichen Besuchern von »Shalom Europa« bilden die Schüler des Religionsunterrichts an unterfränkischen Schulen.
Finanzlage Für das im mittelfränkischen Fürth beheimatete Jüdische Museum Franken sah es anfangs nicht so gut aus; die 1999 eröffnete Einrichtung machte hohe Verluste. An ihrem ersten Arbeitstag, so erinnert sich die inzwischen seit 13 Jahren in der Kleeblattstadt tätige Museumschefin Daniela Eisenstein, habe sie angesichts der wenig erbaulichen Finanzlage »am liebsten gleich wieder hinwerfen wollen«. Die Kündigung eines Großteils der Mitarbeiter und eine deutliche Verkleinerung standen nach dem Willen der Träger – dazu gehören die Stadt Fürth, der Bezirk Mittelfranken, der Landkreis Nürnberger Land, die Marktgemeinde Schnaittach und die Stadt Schwabach – im Raum.
Doch Eisenstein riss das Ruder herum und brachte das Museum wieder auf Erfolgskurs. Im Sommer 2016 konnte Richtfest für den 900 Quadratmeter großen Anbau gefeiert werden. Rund 10.000 Besucher zählt Eisenstein durchschnittlich pro Jahr.
Alleinstellungsmerkmal »Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass sich das Museum direkt in einem ehemaligen jüdischen Wohnhaus befindet. Erbaut hat es Josef Ben Salomon Fromm, der erste jüdische Drucker von Fürth. Dadurch wird die jüdische Vergangenheit in jedem Raum spür- und sichtbar«, erzählt Eisenstein.
Über kleine Treppen gelangt man neun Meter tief in die feuchten Kellergewölbe zur aus dem Jahr 1702 stammenden Mikwe, die von einer Quelle gespeist wird. »Es ist das am besten erhaltene jüdische Ritualbad in ganz Franken«, schwärmt die aus New York stammende Museumschefin. Ihre Arbeit ist erfolgreich: Die Schulden sind inzwischen abgebaut, und in Schwabach eröffnete nach Schnaittach bereits die zweite Dependance.