Vor Kurzem widmete sich eine Veranstaltung im Palais Montgelas des Hotels Bayerischer Hof dem Thema »Jüdische Wirtschaftsgeschichte in München«. Eingeladen hatte der Gründer und Sprecher des Alphazirkels, eines Netzwerks für Familienunternehmer, Andreas E. Mach. Als Mitveranstalter gewann der ehemalige Bankmanager die Deutsche Börse und die Unternehmensgruppe Serafin.
Hochkarätig war mit dem Kunsthändler Konrad O. Bernheimer, dem Historiker Michael Brenner und Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, auch die Besetzung der Gesprächsrunde.
schicksal Andreas E. Mach treibt das Schicksal jüdischer Geschäftsleute und Unternehmer in München nach 1933 um. Jeder Besucher der Veranstaltung erhielt schon am Einlass ein Büchlein mit exemplarischen »Lebens- und Leidenswegen jüdischer Münchner Unternehmer«.
Die imposante Fassade der ehemaligen Hauptsynagoge auf dem Cover verdeutlichte bereits, was Mach in seiner Einführung temperamentvoll betonte: »In der Liste der größeren Münchner Unternehmen jüdischer Eigentümer finden wir Hoflieferanten, Kommerzienräte, Handelsrichter, Geheimräte und andere Ehrenämter, die von einem etablierten Bürgertum zeugen.«
Die Geschäftshäuser waren prägend für das Stadtbild – wie etwa die Gebäude der Kunsthändler Bernheimer und Drey, der Möbel-Manufaktur Ballin, der Trachtenspezialisten Wallach oder des Konfektionshauses Bamberger.
Ihre Geschäftshäuser seien prägend für das Stadtbild gewesen – wie etwa die Gebäude der Kunsthändler Bernheimer und Drey, der Möbel-Manufaktur Ballin, der Trachtenspezialisten Wallach oder des Konfektionshauses Bamberger. Einrichter wie Bernheimer, Antiquare wie Rosenthal und Galeristen wie Thannhauser machten München zu einem »Dorado des Kunsthandels«, das es durchaus mit Metropolen wie London und Paris aufnehmen konnte. Mach ersparte dem Publikum nicht, wie radikal bürokratische Erfindungen der Nationalsozialisten – wie Boykott-Tag, Arisierung, »Judenvermögensabgabe« und »Reichsfluchtsteuer« – jüdische Existenzen erst ausbeuteten und schließlich vernichteten.
gesprächsrunde Mit den Gästen seiner Gesprächsrunde hatte er sich Kenner der Materie aufs Podium geholt. Konrad O. Bernheimer, Enkel des Kunstsammlers, Antiquitätenhändlers und Innenausstatters Otto Bernheimer, ist der Familientradition treu geblieben und gilt als einer der besten Kenner Alter Meister weltweit. Seinen Großvater, der zu lange geglaubt hatte, ihm würde nichts passieren – schließlich kauften sogar die braunen Bonzen bei ihm –, retteten am Ende nur sein Status als mexikanischer Honorarkonsul und ein unverschämter Raubzug Hermann Görings am Bernheimerschen Vermögen das Leben.
Der Historiker Michael Brenner erinnerte sich, wie er in den 90er-Jahren Peter Bach in Los Angeles besucht hatte. Dessen Großonkel und Vater hatten ihr Konfektionshaus an den Mitarbeiter Johann Konen übertragen. Und doch lag dem alten Herrn nichts mehr am Herzen als die Gründung eines Jüdischen Museums in München, wofür er sogar eine Stiftung einrichtete.
Nichts geht über die Authentizität unmittelbarer Zeugenschaft. Charlotte Knobloch schilderte ergreifend, wie sie die Ausgrenzung als Kind erlebte, wie ihr Vater Fritz Neuland ein Affidavit für die USA verfallen ließ, weil es aus Altersgründen seine Mutter ausschloss, und welche Konsequenzen das für sie hatte: Deportation von Albertine Neuland nach Theresienstadt, Zwangsarbeit für den Vater und Überleben unter falscher Identität in Franken für sie selbst.