Der Countdown läuft. Im Berliner Hotel Estrel haben sich Hunderte jüdische Jugendliche aus ganz Deutschland zur Jewrovision versammelt. Der eigentliche Wettbewerb beginnt um 14.30 Uhr und wird voraussichtlich gegen 18 Uhr zu Ende sein. Dann wird auch der Sieger feststehen.
Bei der letzten Jewrovision vor drei Jahren hat das Berliner Jugendzentrum Olam gewonnen. Es will heute den Titel verteidigen.
Bei den Proben tragen sie noch Freizeitkleidung, aber Licht, Ton und Nebel sind schon echt.
Bei der Generalprobe am Freitagvormittag tanzen und singen die Jugendlichen aller Jugendzentren nacheinander im Scheinwerferlicht auf der Bühne in der Convention Hall. Sie tragen noch Freizeitkleidung – doch Ton, Licht und Nebel sind genauso echt, wie sie am Nachmittag sein werden.
Durchlauf »Wir machen noch einen Durchlauf«, sagt die Regisseurin des Jugendzentrums JuJuba aus Baden. »Alle Sänger bitte näher ans Mikrofon! Man hat euch noch nicht gut gehört. Jalla – der nächste Durchlauf!«
In einer Ecke vor dem Auditorium probt ein Teil der Gruppe des Dortmunder Jugendzentrums Emuna. Die Stimmung ist gut. Die Spannung steigt.
Gegenüber im Foyer hat sich das Jugendzentrum Chesed aus Gelsenkirchen zu einer Art Pfeil aufgestellt – rund 20 Mädchen und Jungen zwischen zehn und 20 Jahren, einige tragen Regenschirme in verschiedenen Farben. Es ist der letzte Durchgang vor der eigentlichen Generalprobe.
Abitur und Barmizwa verhinderten, dass sich Diana und Felix auf die Jewrovision vorbereiten konnten, sie sind jetzt als Helfer eingesetzt.
Gloria, die Roscha des Jugendzentrums, hat keine Zeit für ein Gespräch mit Journalisten. Jede Minute zählt – es sind nur noch wenige Minuten bis zur Generalprobe auf der Bühne im großen Auditorium. »Noch ein Durchlauf!«, ruft sie, stellt die Musik an – in der linken Hand das Handy, in der Rechten eine kleine Soundbox –, und los geht’s.
Aufgaben Anders als Roscha Gloria haben Diana (18) und Felix (13) Zeit für ein kurzes Gespräch mit der Presse. Die Aufgabe der beiden ist es, am Rand zu stehen, die Mikrofone zu halten und sie im richtigen Moment den Sängern zu geben. Doch am Ende – darüber sind sie sehr froh – werden auch sie mittanzen.
Weil Diana Abi-Prüfungen hatte und Felix sich auf seine Barmizwa vorbereiten musste, konnten sie in den vergangenen Monaten nicht an den Proben für die Jewrovision teilnehmen. Das sei schade, sagt Diana. »Denn ich würde am liebsten in der ersten Reihe mittanzen.« Aber sie sei froh, überhaupt mit dabei zu sein, schiebt sie hinterher. So empfindet es auch Felix: »Ich bin einfach froh.«
Bei der letzten Jewrovision vor drei Jahren waren beide schon mit dabei. »Wir waren voll aktiv«, sagen sie.
Auch wenn sie in diesem Jahr beim großen Act nur eine kleine Rolle spielen, sind die beiden mächtig aufgeregt. »Ich bin nervös«, sagt Felix, »aber froh, dass es jetzt endlich losgeht.« Das Gefühl, auf der Bühne zu stehen, sei »mega«, sagt Diana – »vor so vielen Tausend Leuten«.
Anreise Eine weite Reise liegt hinter den beiden. Sie sind gestern acht Stunden mit dem Bus von Gelsenkirchen nach Berlin gefahren. Es sei anstrengend gewesen, sagt Diana, und sie habe Kopfschmerzen gehabt, als sie ankam – aber »die Atmosphäre gestern Abend war so krass, weil so viele Leute da waren und sich alle freuen und Spaß zusammen haben«.
Berlin kenne sie gut, sagt Diana, »ich war schon oft hier und habe alle Sehenswürdigkeiten abgeklappert«. Sie möchte im Rahmen des Mini-Machanes gern am Yoga-Workshop teilnehmen. Der 13-jährige Felix hingegen ist das erste Mal in Berlin »Ich hoffe, dass ich morgen am Schabbat beim Mini-Machane das Brandenburger Tor sehen kann. Ich will gern mal davor stehen.«
Aber morgen ist zurzeit noch ganz weit weg. Denn davor kommt noch das große Ereignis, auf das sie alle seit Monaten hinfiebern.