Mit einem Festakt im Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Jüdische Gemeinde Düsseldorf an den ersten Gottesdienst nach der Schoa erinnert. Es sei ein Gottesdienst zu Rosch Haschana gewesen, sagte der Hausherr, Oberlandesgerichtspräsident Werner Richter. Heute erlebe er die Gemeinde als jung und lebendig, und er freue sich über die Entscheidung der Überlebenden, trotz allem zu bleiben.
Bestürzt zeigte sich Richter jedoch hinsichtlich des Antisemitismus und der jüngsten, den Nationalsozialismus verherrlichenden Vorfälle bei der Polizei von Nordrhein-Westfalen. »Dass immer noch ein solcher Hass existiert, hätte ich nicht für möglich gehalten«, sagte Richter in Bezug auf den Anschlag auf die Gemeinde in Halle an Jom Kippur vor einem Jahr, der derzeit ebenfalls vor einem Oberlandesgericht verhandelt werde.
gründer Dass das jüdische Leben heute in Düsseldorf floriere, sei den Gründern der neuen Gemeinde nach der Schoa zu verdanken, namentlich auch einem Juristen, Josef Neuberger, aber auch all den heutigen Kräften, die das Gemeindeleben gestalteten.
Vorstandsvorsitzender Oded Horowitz schlug nach all den Erfolgen, die man vorzuweisen habe und zu denen gehört, dass man sich mit einem gewissen Stolz auch drittgrößte Gemeinde nennen dürfe, nachdenkliche Töne an. Es gebe heute wieder Gemeindemitglieder, die sich in der letzten Zeit zunehmend fragten, ob Deutschland noch ein sicheres Zuhause für sie ist.
Vorstandsvorsitzender Oded Horowitz schlug nach all den Erfolgen dennoch auch nachdenkliche Töne an.
Dennoch lobte Horowitz den positiven Glauben, der die Gemeinde von Anfang an geprägt habe, »der Glaube, der die Menschen damals dazu bewogen hatte, solche Feste wie Rosch Haschana zu feiern und nach vorne zu blicken«. Und dies vor dem Hintergrund, dass die Zurückgekommenen und Überlebenden sich lange Zeit fragten, was die Leute, denen sie auf der Straße begegneten, in der Nazizeit gemacht hatten.
optimismus Auch er als niedergelassener Arzt habe sich ebenso wie seine Eltern, die die Schoa überlebt hatten, lange Zeit gefragt: »Wer kommt da in meine Praxis?« Auch wenn man sich angesichts der gestiegenen Zahlen an antisemitischen und fremdenfeindlichen Vorkommnisse Sorgen machen müsse, sei es wichtig zu bleiben. »Die Ereignisse der letzten Jahre beschäftigen uns sehr«, dennoch wolle die jüdische Gemeinschaft den Optimismus nicht verlieren, betonte Horowitz. »Die Freunde in diesem Gerichtsgebäude und in der Stadt zeigen, dass die Zukunft der Gemeinde sicher ist.«
Ein kurz vor dem Festakt noch fertiggestellter Film zeigte eindrucksvoll die Entwicklung der Gemeinde in den vergangenen 75 Jahren, die mit der Eröffnung der Synagoge 1958 vom Provisorium zu einem Zuhause geworden war. Viele Wegbegleiter und Funktionäre der Vergangenheit und Gegenwart kamen hier zu Wort.
kaddisch Mit einem Teil des Kaddisch, dem Awinu Malkenu, das an Rosch Haschana gesungen wird, und dem Kol Nidre sowie drei Schofartönen setzte Kantor Aaron Malinsky trotz Mund-Nasen-Schutzes einen würdevollen musikalischen Schlusspunkt.
Die Gemeinde will das neue Jahr stolz und glücklich angehen. Als Geschenk erhielt sie eine Bauzeichnung vom Gerichtsgebäude von 1903, dem Ort des ersten Gottesdienstes nach der Schoa.
Der Film ist hier abrufbar.