Neun Jahre alt war Beate Hammett, als sie wenige Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs von ihren Eltern in Berlin in einen Zug gesetzt wurde und allein die Reise mit dem sogenannten Kindertransport nach England antrat. Auslöser für diese schwere Entscheidung, die ihre Familie zerriss, waren die Novemberpogrome.
»Vati war zu diesem Zeitpunkt Chefarchitekt der Jüdischen Gemeinde von Berlin, und auf die Synagoge in der Prinzregentenstraße, die als sein Glanzstück galt, war er besonders stolz«, schreibt sie in ihren Ende 2020 erschienenen Erinnerungen an diese Zeit.
»Erst kürzlich habe ich erfahren, dass die Nationalsozialisten in dieser verhängnisvollen Nacht meinen Vati aus unserer Wohnung geholt und ihn gezwungen hatten, der barbarischen Aktion beizuwohnen.«
RÜCKKEHR Umso bewegender war für Beate Hammett der Moment im vergangenen Jahr, als sie nach Berlin zurückkehrte, um ein anderes Gebäude zu besuchen, an dessen Entstehung neben so prominenten Bauten wie dem Jüdischen Waisenhaus in Pankow oder der Jüdischen Mädchenschule in Mitte ihr Vater Alexander Beer, der 1944 in Theresienstadt ums Leben kam, ebenfalls maßgeblich Anteil hatte: die Synagoge Fraenkelufer im Bezirk Kreuzberg.
Aber nicht nur das. Zugleich wurde sie auch Zeugin, wie ein ambitioniertes Projekt, das in dem Buch ebenfalls skizziert wird, langsam, aber sicher Gestalt annimmt. Denn das Bethaus, damals eine der größten und stolzesten Synagogen Berlins, soll neu errichtet werden. Dafür setzt sich ein Förderverein ein, mit dem Beate Hammett in engem Kontakt steht.
Die Familie schickte sie mit dem Kindertransport nach England.
»Und vielleicht kann es dann bald losgehen mit dem ersten Spatenstich und der Rückkehr dieses einstmals so wichtigen Gebäudes für Berlin«, schreibt Raed Saleh, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus der Stadt und zugleich an der Spitze des Kuratoriums des Fördervereins. »Beate wird sich sicherlich freuen, zu dieser schönen Angelegenheit noch einmal nach Berlin zu kommen, der Stadt ihrer Kindheit.«
Beate Hammett: »Schritte über den Abgrund. Meine Erinnerungen an den Kindertransport 1939«. AphorismA, Berlin 2020, 64 S., 15 €