Diesen Tag wird Walter Sylten nicht vergessen. Als die gerade gegründete Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) zu ihrem ersten öffentlichen Treffen einlud, kamen so viele Interessierte, dass ein zweiter Saal geöffnet werden musste.
50 Jahre später ist Walter Sylten, der 1930 im thüringischen Gera zur Welt kam und dessen Vater von den Nazis deportiert und ermordet wurde, wieder in der Akademie der Künste am Hanseatenweg. Denn am vergangenen Donnerstag feierte die DIG ihr Jubiläum mit einem Festakt. Auf dem Programm standen unter anderem auch die Ehrung von Walter Sylten und anderen langjährigen Mitgliedern sowie eine Gesprächsrunde mit ihm und DIG-Vertretern.
Etwa 200 Besucher waren gekommen, um das Jubiläum zu feiern, darunter Angelika Schöttler, die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, und weitere Politiker. Auch der israelische Botschafter Yakov Hadas-Handelsman war gekommen und hatte gleich zwei Anlässe zu feiern. Denn heute begehe nicht nur die DIG ihr Jubiläum, sondern auch Israel seinen Unabhängigkeitstag, an dem man sich mit Familie und Freunden treffe und feiere, sagte Hadas-Handelsman. Er freue sich, an diesem Tag in Berlin »unter guten Freunden« zu sein.
Austausch Die DIG stehe fest an Israels Seite und sei ein wichtiger Motor, Begegnungen und Austausch zu fördern. Deutschland sei ein wichtiger Partner für Israel in Europa. »Ohne die Vergangenheit zu vergessen, möchten und müssen wir die Zukunft gestalten«, betonte der Botschafter. Als Herausforderungen sehe er derzeit beispielweise die Bekämpfung des Antisemitismus sowie der BDS-Kampagne, die den Boykott israelischer Produkte zum Ziel hat. Außerdem müsse der Fokus auf die junge Generation in Deutschland gerichtet werden.
DIG-Präsident Hellmut Königshaus sagte, es müsse um Verständnis für die Situation Israels geworben werden, denn das Land fürchte immer um seine Existenz. Und das Ziel von BDS sei, »Israel von der Landkarte zu tilgen«. Der Spruch »Kauft nicht bei Israelis« wecke bei ihm unangenehme Erinnerungen an die Nazis. »Damit wollen wir uns befassen.«
Die Berliner Senatorin und Bürgermeisterin Dilek Kolat (SPD) überbrachte die Grüße des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, unter dessen Schirmherrschaft die Veranstaltung stand. »Berlin war bei den Nazis der Ort der Planung des Holocaust, und zwei Jahrzehnte später nach der Befreiung wurde die DIG gegründet«, sagte die Politikerin.
Erinnerungskultur Die Erinnerungskultur sei fester Bestandteil der Stadt geworden. »Wir werden nicht nachlassen, den Antisemitismus zu bekämpfen.« Dass die Hauptstadt Heimat für alle Religionen sei, dazu trage die DIG ganz wesentlich bei. »Wir sind ziemlich beschäftigt und werden glücklicherweise von Freunden unterstützt«, ergänzte Jochen Feilcke, Vorsitzender der DIG Berlin und Potsdam.
Einen Tag später und bei schönstem Frühlingswetter flatterte die israelische Fahne am Wittenbergplatz stolz im Wind. Zum Israel-Tag kamen am vergangenen Freitag 500 Menschen zusammen, um den Jom Haazmaut, den israelischen Unabhängigkeitstag, zu feiern.
Die von der DIG organisierte Party stand in diesem Jahr ganz im Zeichen des 50-jährigen Jubiläums der Gesellschaft. »Es freut mich, dass Israels Existenz und Unabhängigkeit jedes Jahr in Berlin gefeiert werden. Die Freundschaft zwischen Deutschland und Israel ist sehr lebendig und für beide Seiten von großer Wichtigkeit«, sagte Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman. Anschließend sah er sich den kleinen Markt, der in der Nähe des KaDeWe aufgebaut war, an. Dort reihten sich die Stände von rund 30 Organisationen und Institutionen aneinander.
Falafel Die DIG informierte über Israel, das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) klärte über seine Arbeit auf, und die jüdische Studenteninitiative »Studentim« warb um neue Mitglieder. Und wer hungrig zum Fest kam, der konnte frisch zubereitete Falafel oder Hummus essen und sich mit einem Goldstar-Bier das Tel-Aviv-Gefühl nach Berlin holen. Eigentlich fehlte nur noch der Strand.
Abd aus Syrien fand die Feier super. »Ich bin heute hier, weil ich mich sehr für Israel und das Judentum interessiere und mehr darüber erfahren möchte«, sagte der 21-Jährige. Von Damaskus aus ist er als Flüchtling alleine über die sogenannte Balkanroute nach Deutschland gekommen. Seit sieben Monaten lebt er nun in Berlin und besucht einen Deutschkurs. Er hat hier schon einige israelische und jüdische Freunde gefunden, wie er erzählt.
»Es ist gut, dass der Israel-Tag hier im Herzen der deutschen Hauptstadt begangen wird«, erklärte die Berliner Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD) unter großem Applaus. Es sei fantastisch, dass so viele Israelis – ob als Touristen oder für längere Zeit – jedes Jahr nach Berlin kommen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller liege die Freundschaft mit Israel sehr am Herzen, sagte Dunger-Löper.
Müller hatte den jüdischen Staat im vergangenen Jahr besucht und mit seinem Tel Aviver Amtskollegen Ron Huldai Gespräche über eine Vertiefung der wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit zwischen den beiden Metropolen geführt.