Pessach

Auf die Freiheit!

An jedem Sedertisch wird es in diesem Jahr einen Moment des Innehaltens für die Opfer des Terrors geben. Foto: Flash 90

Für uns Juden ist Pessach nicht nur ein Fest der Familie, sondern auch ein Fest, an dem wir eine besonders starke Bindung zu unserem Glauben und zu unserer Geschichte feiern. Noch immer ist in diesem Jahr das Pessachfest überschattet von den schrecklichen Bildern, Berichten und Erlebnissen des 7. Oktober 2023.

Noch immer denken wir bei unseren eigenen Feiern an die über 100 Geiseln, die sich weiterhin in der Gewalt der Terroristen befinden. Und seit dem Raketenangriff des Iran auf Israel ist nun auch der Schurke unter den Staaten in die erste Reihe gerückt. Die Islamische Republik Iran führt einen Terrorkrieg gegen Israel und die westliche Welt, beliefert Brüder im Geiste wie Putin mit Waffen und ist einer der Strippenzieher des Terrors der Hamas.

Innehalten für die Opfer des Terrors

An jedem Sedertisch wird es in diesem Jahr einen Moment des Innehaltens für die Opfer des Terrors geben. Und wir sollten auch an jeden unschuldigen Toten denken, den es in Gaza zu beklagen gilt. Auf unseren Herzen lastet eine Schwere, die wir immer nur zeitweilig verbergen können. Nicht nur in Israel, sondern in den jüdischen Gemeinschaften weltweit und auch in Deutschland ist das Leben nach dem 7. Oktober nicht mehr, wie es war. Der Wunsch nach Frieden und Freiheit für uns Juden – ganz eng mit Pessach verknüpft – steht in einem anderen, einem trüberen Licht.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Für einige bleibt er die Sehnsucht, die auch Botschaft des Pessachfestes ist. Wir haben mit dem Gemeindetag im Dezember des vergangenen Jahres eine starke Botschaft gesendet gegen den Hass und die Ausgrenzung. Wir haben gezeigt, dass wir Juden uns nicht unterkriegen lassen. Wir haben jenen, die Juden hassen, entgegengerufen, sie sind herzlich eingeladen, unser Land, Deutschland, zu verlassen.

Wir treten ganz sicher nicht zur Seite. Wir treten für unser Recht ein, in Frieden, in Freiheit und ohne Angst zu leben! Wir werden uns nicht verkriechen. Und wir wollen uns nicht verstecken. Nein, wir sind stolze Juden! Der Gemeindetag war ein Zeichen des Zusammenhalts, den die Teilnehmer in ihre Gemeinden getragen haben.

Dieser Zusammenhalt war in jenen Monaten für uns entscheidend. Er definiert, wer wir sind, auch nach außen. Wir rücken im Angesicht der Nachrichten und Vorfälle zusammen, und das ist gut so. Erste Ergebnisse der vom Zentralrat der Juden im Frühjahr 2024 durchgeführten Umfrage »Gemeindebarometer« unter Jüdinnen und Juden in Deutschland belegen das. Die Zahlen liegen noch nicht bereinigt vor, aber einige Tendenzen sind absehbar.

Die Gemeinde bleibt der Ort der Zusammenkunft und wird noch zentraler.

Die Gemeinde bleibt der Ort der Zusammenkunft und wird noch zentraler. Die Bindung an die Gemeinde ist um ein Drittel angestiegen. In Zeiten der Unsicherheit finden wir Juden dort Sicherheit. Dieses Gefühl bildet einen unschönen Kontrast zu der Erkenntnis, dass sich über 50 Prozent der Jüdinnen und Juden im großstädtischen Bereich nicht sicher fühlen damit, als Jude sichtbar zu sein. Über 70 Prozent der Teilnehmer geben an, dass das Unsicherheitsempfinden seit dem 7. Oktober 2023 insgesamt gestiegen ist.

Hoffnung, die uns leiten sollte

In der Pessachgeschichte steckt aber auch eine Hoffnung, die uns leiten sollte. Die Israeliten befreien sich aus der Sklaverei, und Gott hat sie gerettet. Das Schicksal Israels ist auch aus diesem Grund für Jüdinnen und Juden überall von großer Bedeutung. Wie die ersten Ergebnisse des Gemeindebarometers zeigen, ist die Solidarität der Jüdinnen und Juden in Deutschland mit Israel ungebrochen. Fast 90 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass Israel wichtig für die Entwicklung der Gemeinden innerhalb unserer Gesellschaft ist.

Auch hier gilt: Wir lassen uns nicht von außen bestimmen. Wir definieren, wer wir sind und was das bedeutet. Besinnen wir uns in diesen Tagen auf die Kostbarkeit von Freiheit und darauf, wie wertvoll Gemeinschaft ist. Für uns Juden sind das keine Plattitüden, sondern der Kern unserer Erinnerung, der von einer Generation an die folgende weitergegeben wird. Wir feiern dieses Pessachfest aus vollem Herzen. Dabei fällt diese Besinnung nicht immer leicht. Ich denke dabei insbesondere an die junge Generation der Jüdinnen und Juden in Deutschland.

Sie bestreiten ihren Alltag, an Schulen, Universitäten oder Ausbildungsstätten, an denen sie häufig bereits antisemitische Anfeindungen erlebt haben; ihr Social-Media-Feed ist voll damit. Und gleichzeitig erwarten wir viel von dieser Generation: Sie soll die Zukunft der Gemeinschaft sein, unsere Werte und Traditionen verkörpern und weitertragen. Und nebenbei soll sie die Schule, Ausbildung oder Universität möglichst gut absolvieren. Doch gerade wie diese Generation in den vergangenen Monaten diese Rolle angenommen hat und auch nach außen aufgetreten ist, macht mir Mut.

Auf der Jewrovision erlebten wir, wie weit die Emotionen der jungen jüdischen Generation in Deutschland reichen: Es ging um Schmerz und Ernsthaftigkeit, aber auch um Stolz und Freude am Jüdischsein. Ein großes Fest der Jüdischkeit wurde gefeiert, das keine Zweifel an der Lebendigkeit jüdischen Lebens in Deutschland zulässt. Daraus erwächst Zutrauen auf eine bessere Zukunft, das zum Pessachfest gehört wie das Streben nach Frieden und Freiheit. In diesem Sinne wünsche ich allen Juden in Deutschland und weltweit ein gesegnetes und koscheres Pessachfest. Pessach kascher we-sameach!

Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert