Berlin

Auf den Spuren der Täter

Die Topographie des Terrors in Berlin Foto: dpa

Die Zentrale des Nazi-Terrors saß in der Prinz-Albrecht-Straße 8 in Berlin-Kreuzberg. In der ehemaligen Staatlichen Kunstgewerbeschule, dem früheren Hotel Prinz Albrecht und dem Prinz-Albrecht-Palais liefen aus ganz Europa die Fäden der nationalsozialistischen Verbrechenspolitik zusammen.

Hier war von 1933 bis 1945 das Hauptquartier der Geheimen Staatspolizei (Gestapo), hier standen die Schreibtische von Heinrich Himmler, dem Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei, und von Reinhard Heydrich, dem Chef der Sicherheitspolizei und des SD. »Meine Mutter, die den Holocaust in Berlin überlebt hatte, erzählte mir, es sei die fürchterlichste Adresse in Berlin in der NS-Zeit gewesen«, erinnert sich Rabbiner Andreas Nachama.

grabungen Nach dem Krieg wurden die Ruinen abgerissen und das Gelände planiert. Auf der Brache unmittelbar im Schatten der Berliner Mauer lagerte eine Recyclingfirma Bauschutt, daneben gab es ein Autodrom, die historischen Spuren waren überwuchert. 1983 machte der Verein »Aktives Museum« erstmals auf den vergessenen Ort zwischen der heutigen Wilhelm- und Niederkirchnerstraße aufmerksam. Erste archäologische Grabungen förderten die baulichen Reste von Kellern ans Licht.

Vier Jahre später, im Rahmen der 750-Jahr-Feier Berlins, wurde am 4. Juli 1987 die erste Ausstellung auf dem Gelände eröffnet. Es war die Geburtsstunde des Dokumentationszentrums Topographie des Terrors.

Mit einem Festakt, zu dem unter anderem Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) erwartet werden, blickt die Stiftung Topographie des Terrors am Mittwoch auf 30 Jahre Bildungs- und Aufklärungsarbeit zurück. Dabei klappte erst im zweiten Anlauf, was Stadtplaner, Historiker und Politiker schon seit den 80er-Jahren zunächst nur in West-Berlin beschäftigte.

provisorium Die erste Ausstellung der Topographie des Terrors wurde 1987 in einem Pavillon über den historischen Ausgrabungen gezeigt. Wegen des großen Erfolges blieb das Provisorium mehr als zehn Jahre bestehen. 1992 wurde die Stiftung Topographie des Terrors gegründet, geschäftsführender Direktor wurde Andreas Nachama.

1993 wurde ein Wettbewerb für ein Dokumentationszentrum auf dem 4,5 Hektar großen Gelände in unmittelbarer Nachbarschaft des Berliner Abgeordnetenhauses ausgelobt, den der Schweizer Stararchitekt Peter Zumthor gewann. Zehn Jahre später standen von dem spektakulären knapp 39 Millionen Euro teuren Entwurf aber nur drei Treppentürme. Nach jahrelangen Bauverzögerungen und Fehlplanungen in Höhe von rund 15 Millionen Euro zogen Bundesregierung und Berliner Senat 2004 die Notbremse.

Nach erneutem Wettbewerb und weiteren sechs Jahren Bauzeit konnte 2010 das neue Dokumentationszentrum in einem schlichten Kubus mit grauer Metallfassade eröffnen. In dem von der Berliner Architektin Ursula Wilms entworfenen Zweckbau mit rund 3500 Quadratmetern Nutzfläche befinden sich neben der Ausstellung außerdem Räume für Seminare, Bibliothek und die 14 festen Mitarbeiter der Stiftung. Dauerausstellung, Wechselausstellungen und der Geschichtsparcours ziehen jedes Jahr mehr als eine Million Besucher an.

dauerausstellung Die Dauerausstellung informiert über den Aufbau des NS-Machtapparates, das Vorgehen von SS und Polizei in Polen, der Sowjetunion und anderen besetzten Ländern sowie über das Schicksal von Juden und anderen Verfolgten. Die Darstellung des NS-Terrorsystems ist dabei bewusst nüchtern angelegt. Sie stellt Fotos und Dokumente nebeneinander und verzichtet auf dreidimensionale Exponate.

Diesen Ansatz vertritt Stiftungs-Direktor Andreas Nachama bis heute: »Es geht nicht darum, die Schönheit einer Uniform oder die Ziselierung einer Gestapo-Marke sich anzugucken, sondern um Zusammenhänge«, sagt Nachama. »Wir erklären Geschichte anhand der historischen Dokumente. Wenn man so will, sind wir ein begehbares Archiv.«

Das wichtigste Exponat ist aber das Gelände mit den Spuren der Täter. Die Inhaftierten waren politische Gefangene wie Hans von Dohnanyi (1902–1945), einer der führenden Köpfe aus dem Kreis der Verschwörer des 20. Juli, der hier mehrere Monate in den Kellern einsaß, bevor er im April 1945 im KZ Sachsenhausen hingerichtet wurde. Der Historiker Reinhard Rürup, langjähriger wissenschaftlicher Leiter der Topographie, betont: »Wir gingen davon aus, dass Geschichte wiederentdeckt werden muss, hier konnte man sich nicht mit den Opfern identifizieren, man musste sich damit auseinandersetzen, dass die Täter Teil dieser Gesellschaft waren.«

Berlin

Straße nach erster Rabbinerin der Welt benannt

Kreuzberg ehrt Regina Jonas

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Chanukkia

Kleine Leuchter, große Wirkung

Von der Skizze bis zur Versteigerung – die Gemeinde Kahal Adass Jisroel und die Kunstschule Berlin stellen eine gemeinnützige Aktion auf die Beine. Ein Werkstattbesuch

von Christine Schmitt  12.12.2025

Porträt der Woche

Endlich angekommen

Katharina Gerhardt ist Schauspielerin und fand durch ihren Sohn zum Judentum

von Gerhard Haase-Hindenberg  12.12.2025

Würzburg

Josef Schuster: Hoffnung und Zivilcourage in schwierigen Zeiten

In einem Zeitungsbeitrag verbindet der Präsident des Zentralrates Chanukka mit aktuellen Herausforderungen

 12.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Chanukka

»Ich freu’ mich auf die Makkabäer«

Lichter, Dinos, Schokostreusel – was unsere Jüngsten in diesen Tagen am meisten mögen

von Christine Schmitt  11.12.2025

Sachsen

Mit Tiefgang und Pfiff

Am Sonntag wird in Chemnitz das »Jahr der jüdischen Kultur 2026« eröffnet

von Helmut Kuhn  11.12.2025