Ein bisschen sei es die »Ruhe vor dem Sturm«, sagt Alon Meyer. Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen verrät der Präsident von Makkabi Deutschland, dass er noch ein paar Tage im Urlaub ist. Doch innerlich sei er »schon sehr aufgeregt«, räumt der 47-Jährige ein. Denn ein großes Ereignis steht an: In einem knappen Monat beginnen die Makkabi Deutschland Games in Düsseldorf. »Es ist für uns das erste große Event, nach fast zwei Jahren der Abstinenz und nahezu absoluten Ruhe«, sagt Meyer.
Tatsächlich hätte das viertägige jüdische Sportfest bereits im Mai 2020 stattfinden sollen. Nach den European Maccabi Games 2015 in Berlin, der ersten Deutschen Makkabiade 2016 in Duisburg, der ersten deutschen Jugend-Makkabiade 2018 – den »Junior Games« in München – sowie 2019 den European Maccabi Games in Budapest wären 2020 die Spiele in Düsseldorf an der Reihe gewesen, mit ursprünglich bis zu 700 Teilnehmern. Doch wegen der Covid-19-Pandemie musste die Veranstaltung im vergangenen Jahr nicht nur abgespeckt, sondern ganz abgesagt werden. Zunächst wurde sie von Mai 2020 auf Mai 2021 verschoben, doch auch dieser Termin ließ sich nicht halten. »So eine Absage tut richtig weh«, erzählt Meyer.
Hygienekonzept Umso mehr freuen sie sich bei Makkabi Deutschland jetzt auf den September. »Mit einem geeigneten Hygienekonzept wollen wir mithelfen, das gesellschaftliche Leben wieder in Gang zu setzen«, sagt Meyer. Er erwartet für das viertägige Event 450 bis 500 Teilnehmer, »eine bunt gemischte Truppe aller möglichen Religionszugehörigkeiten und Nationalitäten«. Denn auch nichtjüdische Sportler sind zugelassen, sofern sie Mitglied in einem Makkabi-Ortsverein sind.
Nur geimpfte, genesene oder getestete Sportler dürfen an den Spielen teilnehmen.
Der kleine Vorteil der erzwungenen Verlegung: Die Düsseldorfer Spiele finden nun im Jubiläumsjahr der Makkabi-Bewegung statt. Wenige Tage vor Eröffnung der Makkabi Games wird am 29. August mit einem großen Festakt im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund an die Gründungsversammlung im August 1921 in Karlsbad erinnert.
Schirmherren Doch auch am 2. September in Düsseldorf steht Großes an: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet und Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller, die beiden Schirmherren der Veranstaltung, wollen gemeinsam mit Abraham Lehrer, dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Spiele eröffnen. Zum Auftakt gibt es ein Fußballturnier mit der Traditionsmannschaft des Fußballbundesligisten Fortuna Düsseldorf, dem FC Landtag – der Fußballmannschaft des nordrhein-westfälischen Parlaments – sowie einer Allstar-Auswahl von Makkabi. Den Spielball will der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Weltklasseturner Eberhard Gienger per Fallschirm einfliegen.
Alex Bondarenko lacht, als er gefragt wird, ob er schon aufgeregt sei. »Ich bin schon seit zwei Jahren aufgeregt«, erzählt der Organisationsleiter der Makkabi Deutschland Games. Durch die Verschiebungen sei es eine »Fahrt der Emotionen« gewesen. »Die Vorfreude ist größer als die Sorgen«, sagt der 32-Jährige. Das Hygienekonzept sieht vor, dass nur Genesene, Geimpfte und Getestete teilnehmen dürfen. Trotzdem räumen Bondarenko und Meyer unisono ein, dass eine erneute Absage nicht völlig auszuschließen sei, sollte sich die pandemische Lage wieder verschlimmern.
Makkabi Deutschland bespricht alle Einzelheiten der Coronamaßnahmen mit den zuständigen Behörden.
Bei Makkabi Deutschland sind sie dennoch zuversichtlich. Bondarenko berichtet, dass mit den zuständigen Behörden alles genau besprochen wurde. Manche Dinge müssten aber noch geklärt werden. Eine große Frage sei beispielsweise, ob die eingeladene peruanische Futsal-Mannschaft problemlos einreisen kann.
Delegationen Insgesamt würden fünf oder sechs ausländische Delegationen erwartet – aus den Niederlanden, aus Österreich, Litauen, Ungarn und Israel. Die Israelis müssen nach ihrer Rückreise wahrscheinlich für 24 Stunden in Quarantäne, bis ein negatives Corona-Testergebnis vorliegt.
Noch ein bisschen unklar ist auch, was sportlich von den Teilnehmern zu erwarten ist. Viele Mannschaftssportler hätten während der Pandemie kaum miteinander trainieren können, berichtet Alon Meyer. Anders sehe es in den Individualsportarten aus. Insgesamt soll es in 14 Disziplinen Wettkämpfe geben, darunter sogar ein Segelwettbewerb, der in Essen ausgetragen wird. Die meisten anderen Wettbewerbe, darunter Basketball, Beachvolleyball, Fechten, Fußball, Futsal, Gewichtheben, Schach, Schwimmen und Tischtennis, finden im Düsseldorfer Sportpark Niederheid statt.
Unterbringung In der Nähe sind auch die meisten Teilnehmer untergebracht. Für die Mehrzahl von ihnen gehe es ohnehin mehr darum, Menschen zu treffen, sich kennenzulernen, alte Freundinnen und Freunde wiederzusehen, einfach die Makkabi-Familie lebendig zu halten, erzählt Meyer.
»Es geht um den Austausch, den Spaß und das Gemeinschaftliche, weniger um Turnier und Wettkampf«
Alex Bondarenko
»Es geht um den Austausch, den Spaß und das Gemeinschaftliche, weniger um Turnier und Wettkampf«, ergänzt Alex Bondarenko. Er schätzt, dass mehr als 40 Prozent der Teilnehmer nichtjüdisch sein werden, womit die Veranstaltung auch eine der größten Begegnungen zwischen Juden und Nichtjuden in diesem Jahr werden dürfte.
Bondarenko betont, wie wichtig deshalb auch die außersportlichen Programmpunkte seien. Am Freitagabend werde es voraussichtlich den bis dato größten Kabbalat Schabbat Düsseldorfs geben. Geplant seien auch diverse Workshops, beispielsweise mit dem Israeli Shaul Ladany. Der 85-Jährige überlebte nicht nur die Schoa, sondern auch das Attentat auf die israelische Olympiamannschaft in München 1972.
Nach der Hawdala wird am Samstagabend eine große Party mit Musikern und DJs gefeiert. Am Sonntag stehen dann mit den Finalspielen in den Teamwettbewerben weitere sportliche Höhepunkte an sowie der »erste jüdische Hindernislauf« auf dem Gelände des Sportparks – »das wird ein echter Fun-Run«, freut sich Bondarenko.