Um 17 Uhr steht der letzte Redner am Mikrofon. Zu dieser Zeit allerdings ist der Saal im Gemeindehaus an der Fasanenstraße bis auf wenige Zuhörer bereits leer. Viele der insgesamt 250 Teilnehmer hatten die jährliche Gemeindeversammlung schon vorher verlassen. Die Diskussionen während der sechs Stunden hatten es in sich und reichten von persönlichen Anfeindungen, Gesprächen über eine Zusammenarbeit zwischen der »Koach«-Fraktion und der Opposition bis hin zu Wortbeiträgen, in denen demokratische Gesetze erklärt wurden, Zustimmung, Ablehnung und etlichen Tumulten.
Einige Redner lobten den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, andere bezeichneten ihn als »Demagogen«. Des Öfteren musste ein Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung eingreifen, um aufgeregte Gemeindemitglieder zu beruhigen. Michael Rosenzweig, Vorsitzender des Präsidiums, drohte mehrmals, die Versammlung abbrechen zu lassen, wenn nicht Ruhe bei den Zuhörern einkehre, die mal mit Applaus, mal mit Buhrufen und Pfiffen ihre Meinung kundtaten.
Fragen Einmal im Jahr haben die Mitglieder die Möglichkeit, den 21 gewählten Repräsentanten Fragen zu stellen. Allerdings fehlten etliche von ihnen, unter anderem auch der Finanzdezernent Edward Datel und die Bildungsdezernentin Natalija Apt.
Die ersten der insgesamt 30 Redner brachten ihre Meinung über den derzeitigen Stand der Gemeinde zum Ausdruck. Vor zwei Wochen hatte die »Initiative Neuwahl 2013 – Initiative Neuanfang 2014« 1904 Stimmen für eine Neuwahl im Büro der Repräsentanz abgegeben. Einige Redner äußerten ihr Missfallen darüber und empfanden dies als undemokratisch, da Gideon Joffe die letzte Wahl gewonnen hatte. 1276 Wähler hatten damals für ihn gestimmt.
Zu Personalangelegenheiten, etwa der Frage, warum es so viele Versetzungen und Freistellungen gebe, wollte sich der Gemeindevorsitzende nicht äußern. Allein zur Vertragsverlängerung des Rabbiners Tuvia Ben-Chorin sagte Joffe, dass das ein Punkt sei, der bei der nächsten Repräsentantenversammlung angesprochen werde. Die Gespräche mit dem Berliner Senat und die Neugestaltung des Gemeindeblattes »Jüdisches Berlin« wurden nicht thematisiert.
Senat »Ich empfinde die Arbeit des Vorstandes als erfolgreich«, betonte Joffe eingangs in seinem Bericht. Alle Institutionen würden sehr gut funktionieren. »Wir haben bewiesen, dass wir arbeiten können und werden die Gemeinde weiter ausbauen.« Er plane eine neue Kita, da die alte nicht mehr ausreiche, und eine Integrierte Sekundarschule. Aber dazu benötige die Gemeinde Geld. Deshalb sei man auf die Unterstützung des Berliner Senats angewiesen. Laut Joffe müsse der Senat mehrere Millionen zusätzlich an die Gemeinde zahlen. Indes würde die Kulturverwaltung des Berliner Senats erwägen, die Zuschüsse auf »null« zu kürzen, obwohl der Gemeindechef alle notwendigen Unterlagen eingereicht hätte, betonte er.
Der Senat habe gewusst, dass er der Jüdischen Gemeinde in der Vergangenheit zu wenig Geld habe zukommen lassen. Joffe habe auch die entsprechenden Unterlagen, die diese Aussage bestätigen, dürfe sie derzeit aber noch nicht zeigen.