Hannover

Appelle gegen Extremismus

Preisträger Micha Brumlik (l.) und Bundespräsident Joachim Gauck Foto: dpa

Mit einem Appell gegen Ausländerhass und Rechtsextremismus hat Bundespräsident Joachim Gauck am Sonntag in Hannover die »Woche der Brüderlichkeit« eröffnet. »Wer glaubt, das christliche Abendland mit der Herabsetzung anderer, mit Ausgrenzung Andersgläubiger, mit Hassparolen oder gar Säuberungsfantasien verteidigen zu sollen, hat es schon verraten«, sagte Gauck. Gleichzeitig wandte er sich entschieden gegen Gewalt und Mord im Namen einer Religion.

Bei der Feierstunde im Theater am Aegi wurde der jüdische Erziehungswissenschaftler und Publizist Micha Brumlik aus Berlin mit der Buber-Rosenzweig-Medaille der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ausgezeichnet. Während der »Woche der Brüderlichkeit« finden bundesweit Veranstaltungen zur Verständigung zwischen Juden und Christen statt.

Muslime Unter großem Beifall betonte Gauck, ein klares Profil und entschiedenes Bekenntnis zur eigenen Tradition, Kultur und Religion seien »vollkommen in Ordnung«. Aber die wachsende Unbarmherzigkeit von selbst ernannten Verteidigern des christlichen Abendlandes, die sich längst nicht mehr nur verbal äußere, »können wir nicht akzeptieren«, sagte der Bundespräsident vor rund 1000 Festgästen. Er äußerte die Hoffnung, dass beim Dialog zwischen Christen und Juden zunehmend auch muslimische Gesprächspartner einbezogen würden.

In ihrer Laudatio auf den Preisträger Micha Brumlik würdigte die evangelische Theologin Margot Käßmann den jahrzehntelangen Einsatz des 68-Jährigen für eine Verständigung zwischen Juden und Christen. Brumlik sei wie ein »Seismograf für die Suche nach jüdischer Identität in Deutschland nach der Schoa«. Als unermüdlicher Mahner und streitbarer Querdenker habe er auch mit unbequemen Äußerungen dazu beigetragen, die jüdische Position in der deutschen Mehrheitsgesellschaft sprachfähig zu machen.

Auch mit Kritik an den Kirchen habe er nicht gespart. »Wenn allzu viele allzu schnell vergessen, legt Brumlik den Finger in die Wunde«, betonte die Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017.

Brumlik warnte bei der Preisverleihung vor einem Einzug rechtspopulistischer Parteien in deutsche Parlamente: »Wir müssen alle zivilgesellschaftlichen Kräfte aufbieten, damit diese Kräfte so schwach wie möglich bleiben.« Auch dürfe das jüdisch-christliche Gespräch kein Thema bleiben, das nur seine Generation berühre: »Wir sollten alles dafür tun, um jüngere Menschen dafür zu gewinnen.«

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warnte vor einer neuen Art von Fremdenfeindlichkeit. In vielen Fällen mischten sich Ausländerhass und Antisemitismus »zu einem gefährlichen Gebräu«. Allerdings dürfe es auch keine Toleranz gegenüber einem importierten Antisemitismus geben, mahnte Weil mit Blick auf zugewanderte Muslime: »Antisemitismus ist immer falsch, egal wann, wo und wie er sich äußert.

Rückzug Rabbiner Henry G. Brandt, jüdischer Präsident des deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR), sagte am Sonntag, es werde »wohl das letzte Mal sein, dass ich in dieser Eigenschaft an dieser Stelle vor Ihnen stehe«. Der 88-Jährige kündigte an: »Die Zeit ist gekommen, den Stab weiterzurreichen.« Als Nachfolger Brandts ist der Berliner Rabbiner Andreas Nachama im Gespräch.

Die »Woche der Brüderlichkeit« wird seit 1952 jedes Jahr von den rund 85 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Deutschland veranstaltet. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto »Um Gottes Willen«. Die undotierte Buber-Rosenzweig-Medaille erinnert an die jüdischen Philosophen Martin Buber (1878–1965) und Franz Rosenzweig (1886–1929). (mit epd)

Dresden

Nora Goldenbogen ist tot

Die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Sachsen wurde 75 Jahre alt

 26.11.2024 Aktualisiert

Burgenlandkreis

Stolpersteine in Zeitz werden neu verlegt

Durch Spenden seien rund 53.000 Euro für den Ersatz zusammengekommen, so ein Stadtsprecher

 25.11.2024

Berlin

»Im Geiste jung«

Das jüdische Begabtenförderwerk ELES feiert seinen 15. Geburtstag

von Imanuel Marcus  25.11.2024

Hochschule

Das Jüdische Studienwerk ELES feiert sein 15. Jubiläum

Die Organisation will junge jüdische Studenten für das Gespräch stärken

von Stefan Meetschen  25.11.2024

Berlin

Spendenkampagne für House of One startet

Unter dem Dach des House of One sollen künftig eine Kirche, eine Synagoge und eine Moschee Platz finden

von Bettina Gabbe, Jens Büttner  25.11.2024

Gemeinden

Blick auf ein besonderes Jahr

Die Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagte in München. Für große Begeisterung im Saal sorgte die Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder

von Katrin Richter  24.11.2024

Gastro

Wie bei Muttern

Das Flair der 1920er-Jahre trifft auf die Moderne. In Clärchens Ballhaus hat das Restaurant Luna DʼOro eröffnet

von Alicia Rust  24.11.2024

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in München

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 26.11.2024 Aktualisiert

Porträt der Woche

Familie als Sujet

Elinor Sahm ist Israelin, Künstlerin, Mutter und lebt jetzt in Berlin

von Alicia Rust  23.11.2024