Es war der erste offizielle Termin im neuen Amt: Der am Vortag neu gewählte Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kam am vergangenen Freitag auf den Wittenbergplatz zur Eröffnung des jährlichen Israeltages: »Ich freue mich sehr, dass ich gleich am zweiten Tag der Amtszeit bei Ihnen sein darf.« Berlin sei die Stadt der Vielfalt und lebe diese jeden Tag, erklärte er. »Ich ganz persönlich wünsche Israel zu seinem 75. Gründungsjubiläum von Berlin aus alles Gute und vor allen Dingen Frieden.«
Wegner kündigte denn auch gleich Unterstützung für die jüdische Gemeinschaft und eine Fortsetzung des Kampfes gegen Antisemitismus an: »Wir werden Hass und Hetze gegenüber Juden sowie dem Staat Israel nicht dulden, und ebenso keine anderen Formen von Menschenfeindlichkeit hinnehmen.« Die Prävention von Judenhass werde weiterhin eine große Rolle spielen. Auch die Arbeit des Antisemitismusbeauftragten will Wegner weiter stärken und »alle Arten des Extremismus bekämpfen«.
VERPFLICHTUNG »Jüdisches Leben in Berlin ist ein großes Glück, aber auch eine Verpflichtung«, der der gesamte Senat nachkommen werde, so Kai Wegner. Er erinnerte an das Schicksal der im Holocaust ermordeten Juden. »Wir verbinden diesen Tag auch mit der schmerzlichen Erinnerung an den Verlust von Millionen kostbaren Menschenleben – und auch mit der Verpflichtung, alles zu tun, damit Jüdinnen und Juden in unserem Land sicher leben können – ebenso wie auch die Sicherheit Israels für uns nicht verhandelbar ist.«
Die tiefe Freundschaft zwischen Israel und Deutschland »ist für uns ein großes Geschenk«, sagte der Regierende Bürgermeister. »Und sie zeigt sich auch hier in Berlin, in so vielen Facetten und Farben, in den Partnerschaften unserer Bezirke mit israelischen Städten, in den Schulpartnerschaften, dem Jugendaustausch und den Hochschulkooperationen sowie in den vielen Begegnungen in den Bereichen Wirtschaft, Sport und Kultur.«
Eine seiner ersten Dienstreisen werde ihn hoffentlich noch in diesem Jahr nach Israel führen, erklärte Wegner. Sehr gern hörten die Besucher des Israeltages auch, was er noch zu sagen hatte: »Ich freue mich darüber, dass es uns gelungen ist, im Koalitionsvertrag des neuen Senats festzuhalten, dass wir endlich auch eine Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Tel Aviv anstreben. Ich glaube, es ist höchste Zeit.« Wegner erntete vor allem auch an dieser Stelle Applaus.
städtepartnerschaft Bonn, Essen, Frankfurt am Main, Freiburg und Köln haben bereits Städtepartnerschaften mit Tel Aviv. Berlin wäre dann die sechste deutsche Stadt mit einer solchen Verbindung. Dies wäre auch international ein wichtiges Signal – in einer Zeit, in der die Verwaltungen von Städten wie Barcelona oder Lüttich entsprechende Partnerschaften beenden und anti-israelische Verschwörungstheorien verbreiten.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG)Berlin und Brandenburg hatte eine Städtepartnerschaft Berlins mit Jerusalem in die Diskussion eingebracht. Offenbar will die Hauptstadt Israels derzeit jedoch generell keine weiteren Partnerschaften dieser Art eingehen.
Eine seiner ersten Dienstreisen werde ihn nach Israel führen, sagt Kai Wegner.
Cornelia Seibeld (CDU), die Vorsitzende des Berliner Abgeordnetenhauses, war ebenfalls beim Israeltag. Sie sagte, es sei kein Zufall, dass Wegner und sie gekommen seien. Es gehe um »Wertschätzung gegenüber dem Staat Israel«. Die Solidarität Berlins gelte aufgrund des russischen Angriffskrieges der Ukraine, »aber eben auch dem Staat Israel und den dort lebenden Menschen«.
Jochen Feilcke, der Vorsitzende der DIG Berlin, die den Israeltag in Zusammenarbeit mit der Berliner Landeszentrale für politische Bildung organisierte, erklärte, er sei froh, »dass wir heute den Geburtstag Israels feiern dürfen, eines Landes, das aus einer Wüste eine Oase gemacht hat, das die einzige Demokratie im Nahen und Mittleren Osten ist«. Und Aaron Sagui, der Gesandte Israels, sagte, der Geburtstag bedeute, »dass Juden seit 75 Jahren endlich wieder selbstbestimmt in ihrer jahrtausendealten Heimat leben können«.
FREUDE Für die Jüdische Gemeinde zu Berlin erklärte deren Vorsitzender Gideon Joffe, er habe ein Geständnis zu machen: »Ich liebe Berlin! Ich liebe Deutschland! In wie vielen Ländern dieser Welt können wir in der Mitte einer Stadt stehen und sagen: Ich liebe Israel?« Rabbiner Yehuda Teichtal sagte: »Israel ist unser Leuchtturm. Deswegen kommen wir hier voller Freude und Stolz zusammen.« Und weiter: »Berlin hat eine lebendige, positive, wunderbare, fantastische jüdische Zukunft.«
Am Rande des Festes sagte Volker Beck, der Präsident der DIG, der Jüdischen Allgemeinen: »Zum 75. Gründungsjubiläum wünsche ich Israel, dass es seinen jüdischen, demokratischen Charakter bewahren kann«, so der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen. »Dieser wird zurzeit auch von innen heraus bedroht.« Von außen werde zudem das Bestehen des jüdischen Staates weiterhin infrage gestellt, insbesondere durch den Iran. »Die internationale Gemeinschaft muss die Existenz Israels verteidigen«, so Beck. »Mit diesem Fest senden die DIG-Mitglieder ein Zeichen, dass sie fest an der Seite Israels stehen und Freunde des israelischen Volkes sind – unabhängig davon, welche Koalition hier und dort regiert.«
Ein weiterer der vielen Hundert Besucher des Israeltages, der in Berlin lebende Israeli Anton Tal, sagte dieser Zeitung, die Veranstaltung ermutige ihn. »Schon eine ganze Weile lang merke ich, dass Juden hier wieder die Notwendigkeit sehen, sich oder ihre Identität zu verstecken, zum Beispiel in der U-Bahn. Hier beim Israeltag sieht man die Polizeipräsenz. Aber es ist sehr ermutigend, dass Veranstaltungen wie diese stattfinden. Das System hier fördert Events wie dieses.«
RUNDGANG Nach den Reden begab sich auch Kai Wegner auf einen Rundgang, an den zahlreichen Ständen vorbei. Die Initiative Mitzvah, die humanitäre Projekte organisiert, war neben anderen Organisationen vertreten, ebenso wie die Deutsche Technion-Gesellschaft, die sich seit Jahren um den Austausch junger Wissenschaftler zwischen der Bundesrepublik und Israel sowie die Förderung von Forschungsvorhaben kümmert.
Neben von Menschen mit Behinderung hergestelltem Kunsthandwerk und Kerzen in allen Farben, Spielgelegenheiten für Kinder sowie Talkrunden war da noch der kulinarische Aspekt: Zwei jüdische Restaurants boten Leckereien an – Liebe geht schließlich durch den Magen.