Die schlechte Nachricht zuerst: Vor gerade einmal neun Tagen ging es durch die deutsche Presse – »judenfeindliche Hasskriminalität nimmt zu«, auch in München. Gemäß ihrem Jahresbericht für 2022 dokumentierte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) 183 antisemitische Vorfälle.
Bei einer Pressekonferenz der Europäischen Janusz Korczak Akademie (EJKA) am vergangenen Donnerstag im Münchner Presseclub ging RIAS-Mitarbeiter Nikolai Schreiter ins Detail. Die Dunkelziffer sei viel größer, und nur die Hälfte habe einen politischen, weltanschaulichen, verschwörungsideologischen Hintergrund: »Antisemitismus ist als Grundrauschen da.«
hauptziele Umso mehr ist es für die EJKA, zu deren Hauptzielen »demokratische Bildung und der Kampf gegen Antisemitismus, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit« zählen, seit Jahren ein Anliegen, Aufklärungs- und Fortbildungsarbeit zu leisten. Von November 2021 bis April 2023 lief bayernweit das Projekt »Menschlichkeit bewahren! Kommunen sensibilisieren und stärken!«, das sich gezielt an Mitarbeiter kommunaler Einrichtungen wie Ausländerbehörden, Schulen, Polizei und Verwaltung richtete.
Die gute Nachricht: Trotz schwierigen Starts noch während der Corona-Pandemie fanden alle drei Formate ihre Klientel. Es gab Schulungen im 60-Minuten-Format, dreistündig als Halbtagesangebot und ganztägig mit interaktiven Komponenten. Erreicht wurden kleine wie große Kommunen von Bamberg über Bayreuth, München, Passau, Regensburg, St. Ottilien bis Tutzing und Weiden.
Wie Projektleiter Maximilian Feldmann vortrug, machte das Projekt den Bedarf an umfangreicher Aufklärung zur NS-Zeit und die Befassung mit neuen Codes des Antisemitismus deutlich. Wegen Corona bot die EJKA eine Fortbildungsreihe digital beziehungsweise im Hybrid-Format an. Themen waren unter anderem »Kommunalverwaltungen und ihre Rolle in der NS-Zeit«, »Antisemitische Narrative im modernen Rechtsextremismus und Verschwörungsmilieu«, aber auch grundlegende Fragen wie »Was ist Antisemitismus?« und »Was ist Ableismus – Narrative und Ausprägungen«.
aufklärungskonzept Judenfeindlichkeit und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung in einem Aufklärungskonzept zusammenzuführen, schob die Anliegen von Oswald Utz, dem ehrenamtlich tätigen Behindertenbeauftragten der Landeshauptstadt München, ungewollt eher an den Rand. Die Diskriminierung Behinderter ist massiv, die Behebung von Missständen im Alltag bedarf oft praktischer Maßnahmen.
An der Schulung nahmen insgesamt 640 Personen teil, 70 Prozent davon waren Frauen. Für den Träger stand die Evaluation im Fokus, weshalb differenziert nach Erwartungshaltung und Lernerfolgen gefragt wurde. Schirmherr des Projekts war der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle. An seiner Stelle kamen die Mitarbeiter Ulrich Fritz und Robert Sigl zur Pressekonferenz. Förderung gab es von der »Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« (EVZ), vertreten durch die Fachreferentin Sonja Begalke.
Den wichtigsten Aspekt hatte EJKA-Präsidentin Eva Haller in ihrer Begrüßung zum Ausdruck gebracht: »Es gibt nichts Besseres, als einander zu begegnen, zu sprechen.« Nur so seien Verkrustungen zu lösen. ep