Identitäten überdenken und sich auf der internationalen Landkarte der Kunst immer wieder neu positionieren – auf diese Formel ließe sich wohl die zeitgenössische Malerei aus Israel bringen. Wie das konkret aussieht, konnte man dieser Tage auf einem Event der Galerie Circle1 im Berliner Bezirk Kreuzberg bestaunen. Im Rahmen der Sammelausstellung Sing While You’re Burning – Restless Painting from Israel hatten zwölf Maler aus dem jüdischen Staat dort ihre Werke präsentiert. Die Bilder selbst vereinigten auf sich zahlreiche symbolische oder expressive Aspekte und verwoben diese zugleich mit intellektuellen sowie historischen Entwicklungslinien und ganz individuellen Erfahrungen.
»Es ist wohl eine gewisse ironisierende Art sowie die recht direkte Haltung, die für alle diese Künstler die große Klammer darstellt«, skizziert Ofir Dor, der als Kurator die Ausstellung betreute, den gemeinsamen Nenner. »Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes ›restless‹, also ruhelos. Jedes Bild ist ein einzigartiges Phänomen dieser Haltung und beinhaltet deshalb einen besonderen magischen Moment.« Seine eigenen Arbeiten sind übrigens aktuell unter dem Titel Woman with a Mirror, Man with a Camera im Künstlerhaus Bethanien zu sehen.
talente »Wir sind der festen Überzeugung, dass Künstler aus Israel der Kulturszene in Berlin eine Menge geben können«, erklärt Galeriegründerin Alona Harpaz. »Selbstverständlich gilt das auch umgekehrt. Sie nehmen aus der Hauptstadt zahlreiche neue Erfahrungen mit«, so die Malerin.
Die Galerie, die 2013 unter anderem auch von israelischen Künstlern wie ihr ins Leben gerufen wurde, versteht sich als Initiative, um Nachwuchstalente aus der ganzen Welt, aber vor allem aus Israel, darin zu unterstützen, in der hiesigen Kunstszene Fuß zu fassen und sich einen Namen zu machen. »Schließlich befindet sich Israel auf der internationalen Landkarte der Kunstwelt etwas abseits und isoliert. Auch ist der israelische Markt recht klein«, sagt sie.
Umso wichtiger sei es, »ihnen in Europa eine Plattform zu bieten, um stärker auf sich aufmerksam machen zu können«. Die Tatsache, dass die israelische Botschaft Circle1 dabei logistisch unter die Arme greift, betont die Bedeutung dieses Konzepts.
prinzip Yakov Hadas-Handelsman, Israels oberster Diplomat in Deutschland, war bei der Veranstaltung ebenso anwesend wie Kultur- und Wissenschaftsattaché Tsach Saar, der die Intention dieser Zusammenarbeit folgendermaßen auf den Punkt brachte: »Wir wollen, dass Israel auch auf künstlerischem Terrain in Berlin einfach spürbarer ist.«
Keine leichte Aufgabe. »Denn Berlin ist naturgemäß ein schwieriger Markt«, weiß Inbal Levertov, Direktorin der Galerie, zu berichten. »Wir setzen daher auf das Prinzip des interkulturellen Dialogs und haben mit Circle1 dafür eigens einen multidisziplinären Raum geschaffen, der allen offensteht.«
Wie präsent das Thema Deutschland bei israelischen Künstlern sein kann, zeigten exemplarisch die Bilder des 45-jährigen Eldar Farber, Sohn von Schoa-Überlebenden. Jeden Sommer reist er nach Berlin, um angelehnt an den Neoklassizismus seine »Deutschen Landschaften« zu malen.
atmosphäre »Selten habe ich so eine beeindruckende Veranstaltung in einer Galerie erlebt«, freut sich Reinhold Robbe. »Die Zusammensetzung und die Präsentation der ausgestellten Exponate, die sehr präzise Einführung in die zeitgenössische Kunst aus Israel, der Auftritt des Geigers Ori Wissner-Levy – all das zeugt von einer hohen Professionalität«, sagte der langjährige Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG).
Die informelle und lockere israelische Atmosphäre – wo sonst sieht man bei einem Galerie-Event derart viele Kinder – tat ihr Übriges. Offensichtlich sind Israels Künstler in Berlin angekommen.