Freudentag für die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg: Am Sonntag ist das neue Gemeindezentrum mit einem Festakt offiziell eröffnet worden. Der Anbau wurde vom Architekturbüro rosner.architekten entworfen und wird das Gemeindezentrum in der Johann-Priem-Straße im Norden Nürnbergs erweitern. Herzstück ist der Arno-Hamburger-Saal, der nach dem 2013 verstorbenen Vorsitzenden der IKG Nürnberg benannt ist und rund 300 Personen Platz bietet. Die verglasten Innenwände der Büroräume, Klassenräume und des Jugendzentrums tragen die Namen bedeutender jüdischer Bürger aus Nürnberg.
»Ein Erweiterungsbau für eine jüdische Gemeinde in Deutschland ist vor dem Hintergrund der Geschichte alles andere als selbstverständlich«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster bei der Eröffnung. Er dankte nicht nur dem Vorstand der IKG Nürnberg für die Zeit und die Nerven, die er investiert habe, »um diesen Bau zu seiner Vollendung zu bringen«, sondern auch der bayerischen Landesregierung und der Stadt Nürnberg für die »großzügige finanzielle Unterstützung«. Damit habe man »ein Bekenntnis zum jüdischen Leben in Franken abgegeben, das wir sehr zu schätzen wissen«, betonte Schuster.
»Ein neues Gemeindezentrum ist sowohl ein Zeichen des Vertrauens als auch ein Zeichen des Willkommens«, so der Zentralratspräsident. Eine jüdische Gemeinde, die ihr Zentrum vergrößert, zeige damit: »Wir vertrauen dem Land, in dem wir leben. Wir vertrauen darauf, dass wir hier eine Zukunft haben. Wir möchten in diesem Land bleiben.« Dieses Gemeindezentrum sei »wie eine Hand, die zur Versöhnung ausgestreckt wird«.
Freistaat Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, die Menschen im Freistaat freuten sich »über das neue pulsierende jüdische Leben in unserem Land«. Das ursprüngliche Gemeindezentrum war in den 80er-Jahren gebaut worden. Damals rechneten die Planer mit maximal 500 Mitgliedern. Durch den Zuzug von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ist die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen. Heute zählt sie über 2000 Mitglieder.
Die IKG Nürnberg hatte für ihr neues Gemeindezentrum vom Freistaat Bayern 2014 einen Zuschuss in Höhe von 400.000 Euro erhalten. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund fünf Millionen Euro. Gefördert wurde das Projekt auch von der Stadt Nürnberg, der Regierung von Mittelfranken, der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg und der Bayerischen Landesstiftung.
Der neue Gemeinderabbiner Jehoschua Ahrens wies in seiner Rede darauf hin, dass bei einer Einweihung eines Hauses unter anderem Psalm 15 gesprochen wird. Dort heißt es: »Ewiger, wer darf weilen in deinem Zelte, wer darf wohnen auf deinem heiligen Berge? Der untadelig wandelt, und Recht übt, und Wahrheit redet in seinem Herzen.«
kompliment Rudi Ceslanski, Vorsitzender der IKG Nürnberg, begrüßte die Gäste, darunter den ehemaligen Ministerpräsidenten Günter Beckstein, den Staatsminister des Innern, Joachim Herrmann, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly sowie die Rabbiner Jakov Ebert und Eliezer Chitrik. Ceslanski bezeichnete das neue Gemeindezentrum als »sichtbaren jüdischen Lebenswillen« und wünschte sich, dass jüdische Bürger »einst wieder ein wichtiger Teil der deutschen Kultur sind«.
IKG-Sprecher Jo-Achim Hamburger und seine Schwester Ursula Abrahamy, die Kinder Arno Hamburgers, erzählten vom unermüdlichen Engagement ihres Vaters für das neue Gemeindezentrum. Ursula Abrahamy sagte: »Wir hoffen im Stillen, dass, wenn Arno uns jetzt vielleicht sieht, er allen ein ultimatives Kompliment macht, mit ›Bassd scho‹.«
Oberbürgermeister Ulrich Maly berichtete zudem, dass der Verkehrsausschuss des Stadtrates Nürnberg im April beschlossen hat, die Straße am Gemeindezentrum in Arno-Hamburger-Straße umzubenennen. Er würdige damit das Wirken des langjährigen ersten Vorsitzenden der IKG und Stadtrats.
Vision Jo-Achim Hamburger hatte bereits am Freitag während einer Pressekonferenz erzählt, dass sein Vater schon vor acht oder neun Jahren die Vision hatte, ein Zentrum zu bauen, das die räumlichen Probleme der Gemeinde löst: »Er hat uns zusammengerufen und uns gesagt: Das ist mein Plan. Alle haben gesagt, das ist eine tolle Idee, mal sehen, was dabei herauskommt. Als er dann 2013 verstarb, da war nur der Rohbau da. Sein letzter Aufruf an uns: ›Bringt es zu Ende.‹ Und wir sind sehr stolz, dass wir es geschafft haben.«
Der Anbau mache für die Nürnberger Gemeinde vieles komfortabler: Früher habe man improvisieren müssen und beispielsweise ein umgebautes Doppelzimmer des Seniorenheims zum Jugendzentrum umfunktioniert. Auch die vorhandenen Klassenräume für den Religionsunterricht seien viel zu klein gewesen, so Jo-Achim Hamburger: »Es gab keine Möglichkeit, ein Fest zu feiern, das mehr als 150 Menschen Platz bot.« (mit epd)