Ob Lesungen mit Louis Begley oder Mirjam Pressler, Konzerte mit internationalen Künstlern, ob Musicals oder ein Abend mit dem Comedian Oliver Pollak – interessante Vielfalt kennzeichnet das Programm der Jüdischen Kulturtage in Nordrhein-Westfalen, die am 20. März beginnen. Bis zum 17. April verteilen sich die Veranstaltungsorte auf Aachen bis Dortmund, von der Landeshauptstadt Düsseldorf bis in das Städtchen Coesfeld über das Bundesland. Mehr als 500 Veranstaltungen in 52 Städten. 14 jüdische Gemeinden beteiligen sich.
Übergreifend »Das ist ein Novum und etwas ganz Besonderes, was es in anderen Bundesländern nicht gibt«, sagt Projektkoordinatorin Regina Plaßwilm. So groß, so umfangreich waren die Kulturtage, die nach 1998, 2002 und 2007 nun zum vierten Mal stattfinden, noch nie. Aus den Kulturtagen im Rheinland wurden solche für NRW, denn zum ersten Mal kooperieren drei Landesverbände miteinandern – der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, die Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe.
Seit 2008 laufen die Vorbereitungen, maßgeblich getragen von einem Steuerungskreis mit Vertretern der Landesverbände, der Gemeinden und Kulturämter. Es galt Ideen zu sammeln, Veranstalter zu koordinieren, Gelder zu akquirieren, eine Vernetzung zu erreichen. Zwei Schwerpunkte prägen die Programmfülle. Zum einen jüdische zeitgenössische Kultur, zum anderen Projekte im Bereich der Begegnungen. »Ich denke, es ist uns gelungen, hochkarätige, gegenwärtige jüdische Kunst und Kultur in der Programmzusammenstellung zu präsentieren«, meint Kulturmanagerin Regina Plaßwilm.
Vor Ort Mit den Begegnungsprojekten soll jüdische Kultur und jüdisches Leben vor Ort gezeigt werden. »Wir haben zum einen als Ziel das Miteinander, zum anderen möchten wir eine jüdische Gemeinschaft sein, die ihre Wurzeln kennt und die im Austausch mit anderen Glaubensbrüdern, seien sie evangelisch, katholisch oder muslimisch, die Werte der Religionen in den Vordergrund stellt,« erläutert Projektleiter Herbert Rubinstein.
So öffnen sich die Gemeinden für Synagogenführungen, es finden koschere Kochkurse statt, Vorträge stellen direkte Bezüge zur eigenen Stadtgeschichte her. Interessant zum Beispiel auch das »Fest der Gelassenheit – 25 Stunden offline« rund um das Thema Schabbat. Ein besonderer Workshop, der religiöse Hintergründe praktisch erlebbar macht und auf unterschiedlichen Ebenen zeigt, wie Innehalten funktionieren kann.
Es fällt schwer aus der Fülle an Veranstaltungen einzelne herauszugreifen, denn nicht nur die prominenten Namen besonders bei der Literaturreihe mit Rafael Seligmann, Lena Gorelik, Wladimir Kaminer, Lizzie Doron oder Barbara Honigmann werden für eine Bereicherung des Kulturerlebens in NRW sorgen. Vielleicht wird der Abend mit sefardischen Liedern ein persönliches Highlight oder der Workshop mit israelischen Tänzen, Der Koschere Knigge mit Michael Wuliger, vielleicht findet man die Ausstellung über Juden im deutschen Fußball besonders interessant oder einen der zahlreichen Kinofilme.
»Einblicke – Jüdisches (er)leben« – Herbert Rubinstein sieht den Titel als Aufforderung und Ausdruck von Lebenswirklichkeit. »Einblicke heißt, Einsicht nehmen in unter Umständen etwas Unbekanntes, etwas Neues. Und: Wir möchten ein Erlebnis haben, aber wir möchten auch jüdisch leben.«
www.juedische-kulturtage-nrw.de