Sie wurden kurz vor oder sogar im Zweiten Weltkrieg geboren. 1945 waren sie nicht älter als 16 Jahre und hatten überlebt. Heute nennt man sie die Child Survivors. Sie hatten als Kinder mit jüdischen Wurzeln die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und Krieg überlebt. Doch lange hat man ihr Schicksal nicht ernst genommen. »Du warst zu klein, um dich daran zu erinnern«, war ein Satz, den sie häufig zu hören bekamen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade die Tatsache, dass sie damals das, was sie als versteckte Kinder, aufgewachsen ohne Eltern und Angehörige, ohne die Erfahrung von Urvertrauen und Liebe nicht formulieren konnten, hat ihr Leben geprägt.
erfahrung Erst 1985 ist ihre nachhaltige Traumatisierung durch diese Kindheitserlebnisse in den Kanon psychischer Erkrankungen aufgenommen worden. Seit zehn Jahren sind sie im Verein Child Survivors Deutschland organisiert, um Zusammenhalt, Austausch und therapeutische Hilfe zu erfahren. Zu spät für viele, die das, was sie als Kleinkinder erlebten, nie verarbeiten konnten. Viele verdrängten ihre Erinnerungen. Andere fanden keine Zeit, sich um diesen Teil ihres Lebens zu kümmern »Wir mussten erst einmal für unser Leben sorgen, bevor wir uns darum kümmern konnten«, sagt Child-Survivors-Vorsitzender Horst Selbiger.
Heute stehe er mit etwa 100 Child Survivorn in Kontakt. Doch die Zahl der Kinder, die den Holocaust überlebten, sei mit Sicherheit höher, sagt Selbiger. Er sei überrascht, dass sich heute immer noch einzelne Personen melden, die zu den Kindern, die überlebt haben, zu rechnen sind. Andere würden die Erinnerungen nicht in sich hochkommen lassen und behaupten »solche Veranstaltungen« nicht zu brauchen, berichtet Robert Krell, Professor für Psychiatrie an der University of British Columbia auf der Website der Child-Survivors.
Hilfe Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland bietet nun schon im dritten Jahr eine Tagung für Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Ärzte, Angehörige und Betroffene an. Vom 23. bis 26. Januar wird sie, unterstützt von der Aktion und dem Verein Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, in Frankfurt am Main stattfinden. Schwerpunkte werden Therapieansätze sowie die Nachwirkungen bei den Kindern der Child Survivors sein.