Wenn der Tagungsraum gut gefüllt ist und die Anwesenden mit ihren Fragen nicht bis zum Ende der Vorträge der Referenten warten wollen, dann können die Veranstalter mit Gewissheit sagen, dass sie bei der Wahl ihres Themas wohl voll in Schwarze getroffen habe. Genau das ließ sich am Wochenende in Berlin auf dem Seminar »Ökonomie 4.0 – Was kostet die Welt?« der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) gut beobachten.
»Schließlich betreffen die Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringen, wirklich jeden von uns«, betont Sabine Reisin. »Dabei geht es nicht nur um die technologischen Umwälzungen, sondern auch um die Auswirkungen solcher Transformationsprozesse auf die Gesellschaft und die Frage nach ihrer sozialen Verträglichkeit«, so die langjährige Organisatorin von ZWST-Bildungsprojekten. »Und da sind auch wir als Juden aufgefordert, Antworten finden.«
»Es ist geradezu unethisch, keine Ahnung von Wirtschaft zu haben«, ist Klapheck überzeugt
QUIZ Den Auftakt des Seminars bildete ein Workshop unter dem Titel »Ökonomie 4.0: Künstliche Intelligenz und Automation« unter Leitung von Benny Fischer von der ZWST-Stabsstelle Digitale Transformation. Im Rahmen eines interaktivem Quiz stieg man spielerisch in die Themen des Seminars ein. Ganz konkret wurde es dann aber bei dem Vortrag von Ralf Rukwid, politischer Sekretär im Funktionsbereich Grundsatzfragen und Gesellschaftspolitik der IG Metall, am Beispiel der Automobilindustrie.
Eine speziell jüdische Perspektive brachten dann Rabbinerin Elisa Klapheck sowie der Jurist Abraham de Wolf, beide Initiatoren von »»Torat Hakalkala – Verein zur Förderung der angewandten jüdischen Wirtschafts- und Sozialethik« in die Diskussionen ein. Im Mittelpunkt ihrer Überlegungen dreht sich alles um das, was beide unter dem Stichwort »Wirtschaftshalacha« verstehen.
VERANTWORTUNG »Es ist geradezu unethisch, keine Ahnung von Wirtschaft zu haben«, ist Klapheck überzeugt. Und De Wolf ergänzte, dass es dabei auch immer um das Soziale und die Verantwortung geht, wobei er auf die Bekleidungsindustrie verweiste, dem wohl ältesten globalisierten Wirtschaftszweig der Menschheit, in dem Juden oft eine zentrale Rolle spielten. De Wolfs Fazit: »Wir kleiden uns mit Textilien, die unter Bedingungen hergestellt wurden, die wir in unserer eigenen Gesellschaft nicht mehr tolerieren.«
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