»Köln als Karrierestation?«, so lautet einer der plakativen Hinweise auf dem ebenso informativ wie bildlich ansprechend gestalteten Bauzaun in der Kölner Innenstadt. Dahinter verbirgt sich ein seit 2015 wachsendes und weit über die Rheinmetropole hinaus beachtetes Vorhaben: die Errichtung eines Jüdischen Museums genau über jenem Areal, wo sich nachweislich erstmals vor 1700 Jahren die älteste jüdische Gemeinde nördlich der Alpen befand.
Doch das »MiQua« genannte »LVR– Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln«, zu dem auch eine weitläufig begehbare unterirdische archäologische Zone mit Relikten aus 2000 Jahren Kölner Stadtgeschichte gehören wird, hat einen schweren Rückschlag erlitten.
Mit der Kündigung lässt sich der Eröffnungstermin 2025 nicht halten.
Wieder einmal. Denn am 27. Dezember verbreitete die Stadt Köln unter dem Titel »Stadt Köln muss sich von Stahlbauunternehmen trennen« eine Pressemitteilung, die es in sich hat. Die Stadt als Bauherrin des Museumsvorhabens sieht sich zu »neuerlichem Eingreifen« gezwungen und mache von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch.
Nachforderungen Die Vorwürfe wiegen schwer: stetige Unzuverlässigkeit, überzogene Nachforderungen, unlauteres Verhalten, maßlose Forderungen des Stahlbauunternehmens nach finanziellen und terminlichen Zugeständnissen. »Sein nachhaltig grob vertragswidriges Verhalten machte der Stadt Köln ein Festhalten am Vertrag unzumutbar, sodass die jetzt ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Vertrags alternativlos war.«
Die Stadt betont, dass mit dieser Entscheidung »finanzieller Schaden von der Stadt Köln und allen Steuerzahlerinnen und -zahlern abgewendet« werde. Man habe zwar von Schwierigkeiten gewusst, sei aber von der Kündigung sehr unangenehm überrascht, zumal es noch im März 2020 zu einem Kompromiss zwischen Stadt und Unternehmen gekommen sei, sagt ein Förderer des Projekts der Jüdischen Allgemeinen, der nicht genannt werden möchte.
Mit der Kündigung droht dem Museum eine erneute Verschiebung des zuletzt für das Jahr 2025 avisierten Eröffnungstermins. Denn das Gewerk Stahlbau ist eines der drei Schlüsselgewerke, an dem beispielsweise die ohnehin schon sehr eng gefassten Terminvorgaben für fünf weitere Gewerke hängen.
Terminsicherheit 18 Firmen sind betroffen; und die Ausschreibungen für weitere Auftragnehmer können nicht erfolgen, solange keine Terminsicherheit gewährleistet ist. Es ist offenkundig, dass der Termin 2025 kaum zu halten sein wird. Das Stahlbauunternehmen hat bereits angekündigt, sich gegen die Kündigung zu wehren.
Damit dürfte es zu einem langwierigen Gerichtsverfahren kommen. Die Folge: monatelanger Stillstand auf der seit 2015 bestehenden Baustelle einerseits, vermutlich eine Neuausschreibung des Gewerks Stahlbau, weitere Kostensteigerungen. Aktuell werden die Baukosten mit 127 Millionen Euro ausgewiesen. Ursprünglich waren knapp 50 Millionen Euro veranschlagt.
Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg sowie weitere archäologische Funde hatten schon einmal den Bau verzögert.
Kampfmittel und weitere archäologische Funde verzögerten den Bau.
Bereits zweimal musste die Fertigstellung und Inbetriebnahme des Jüdischen Museums verschoben werden. Gründe dafür waren Kampfmittelfunde im Baugrund, Anpassungen an die Sicherheit sowie Verzögerungen im Rohbau. Außerdem haben immer wieder neue archäologische Funde den Baufortschritt gehemmt.
tragfähigkeit Zudem stellt sich eine weitere Frage: Werden nach einem langen Stillstand bei einer Wiederaufnahme der Bauarbeiten die bereits zwei von vier errichteten Stahlbau-Abschnitte dann überhaupt noch tragfähig sein? Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) als künftiger Betreiber des Museums will sich nicht zu den Vorgängen äußern und erklärte auf Nachfrage der Jüdischen Allgemeinen lediglich: »Das ist eine Angelegenheit der Bauherrin.«
»Entdecken Sie die Stadt unter der Stadt«, lautet ein anderer plakativer Spruch auf dem Bauzaun. Doch wieder einmal stellt sich die Frage: Wann?