»Licht«

Alle sind eingeladen

Spot an! Heute werden die 37. Jüdischen Kulturtage Berlin eröffnet. Das Motto lautet: »Licht«. Bis zum 22. September wird die Veranstaltung das »jüdische Leben in seiner Farbigkeit, Vielseitigkeit und Strahlkraft« beleuchten, wie es in der Presseerklärung heißt. Es würde sich lohnen, in diesen Tagen Urlaub zu nehmen, um so wenig wie möglich zu verpassen.

Denn das Programm hält Konzerte verschiedener musikalischer Richtungen, Spaziergänge, Literatur und Workshops wie auch ein israelisches Filmfestival parat. Ein weiterer Höhepunkt dürfte die Abschlussveranstaltung sein, bei der auf dem Bebelplatz eine Torarolle zu Ende geschrieben und mit einem Festzug in die Synagoge in der Brunnenstraße eingebracht wird.

Eröffnung am Donnerstag in der Synagoge Rykestraße

Doch erst einmal zur Eröffnung, die an diesem Donnerstag in der Synagoge Rykestraße stattfindet. Die israelische Sängerin Shiri Maimon hat Lieder mitgebracht, die größtenteils aus ihrem Repertoire stammen, sowie sinfonisch arrangierte neue Songs. Das Sinfonie Orchester Berlin unter der Leitung von Igor Budinstein begleitet sie. Parallel zum Konzert wird der israelische Street-Art-Künstler Benzi Brofman im Hof der Synagoge ein großformatiges Kunstwerk gestalten.

»Haltet euch die Kippot fest, es geht rund«, verspricht Elon Gold.

Seine Gemälde findet man auch in London oder Amsterdam. »Bring them home«, so heißt das Wandbild in der Oranienburger Straße, das er den Hamas-Geiseln gewidmet hat. Brofman wäre fast selbst Opfer des Hamas-Anschlags am 7. Oktober 2023 geworden. Er entkam dem Massaker, weil er früher abgereist war – und hat seitdem eine Mission: immer wieder an das Schicksal der Geisel erinnern.

David Broza, ein israelischer Songwriter, trat schon öfters bei den Kulturtagen auf, nun performt er am 15. September in der Synagoge Rykestraße. »Charakteristisch für Brozas Gitarren-Sound sind das an den Flamenco angelehnte Fingerpicking und die transkulturellen Ansätze von Folk über Country bis zum Jazz«, heißt es in der Pressemitteilung. Das »Sirba Octet« wird ein Best-of seines Repertoires präsentieren. Sirba bedeutet so viel wie »das Serbische« und beschreibt einen populären Volkstanz aus Südosteuropa, der von Klezmer-Melodien begleitet wird. Der Tanz war bei osteuropäischen Juden und Roma bekannt, und so verweist der Name auf die historisch enge Verbindung zwischen jüdischen und Roma-Musikern.

Erstmals in Deutschland gastiert Jane Bordeaux, eine der »populärsten und originellsten Indiebands Israels« (21. September). Die Musiker spielen US-amerikanisch inspirierten Country und Folk. Frontfrau Doron Talmon singt in ihrer Muttersprache Hebräisch. Ihr Großvater stammt aus Berlin. »Ich liebe diese Stadt und freue mich, dass wir unsere Songs gemeinsam mit dem Publikum singen«, wird sie in der Pressemitteilung zitiert.

Bereits am Ende seiner Highschool-Zeit stand Elon Gold auf der Bühne des renommierten »Comic Strip«, dem ältesten Stand-up-Comedy-Club in New York City. Nun wird der US-amerikanische Schauspieler, Comedian, Drehbuchautor und Produzent am 17. September, wenige Tage nach seinem 54. Geburtstag, in der Synagoge Rykestraße auf der Bühne stehen, und er verspricht im Vorfeld: »Haltet euch die Kippot fest, es geht rund.«

Ein Highlight für Kinder

Für die Kulturtage wird ein Zelt auf dem Bebelplatz aufgebaut, in dem Lesungen stattfinden, etwa zwei pro Tag. Autoren wie Dana von Suffrin, Dmitrij Kapitelman, Sara Klatt und Avi Primor sind mit von der Partie. Themen werden unter anderem »Stolpersteine, Stimmen aus der Vergangenheit«, Franz Kafka, Journalismus in Israel und Deutschland sein. Ein Highlight für Kinder ist die Lesung mit Christiane Munsberg und ihrem Mops Bübchen, die Auszüge aus David Walliamsʼ Roman Robodog, einer Schurkengeschichte, zum Besten geben.

Darüber hinaus bietet Benzi Brofman Graffiti-Workshops an, und der Toraschreiber und Rabbiner Micha Mark Farnadi-Jerusalmi erläutert in seinen Kalligrafie-Seminaren, welche Werkzeuge und Materialien für das Schreiben religiöser Texte gebraucht werden: Tinte, Feder und Pergament. Die Teilnehmer können damit hebräische Buchstaben schreiben.

Für die Kulturtage wird ein Zelt auf dem Bebelplatz aufgebaut, in dem Lesungen stattfinden.

Des Weiteren steht ein Stadtspaziergang auf den Spuren Franz Kafkas auf dem Programm, und das israelische Filmfestival »Seret« zeigt vom 16. bis zum 22. September Streifen wie The Monkey House, The European Dream, Running on Sand und Berlin Blues.

Die Abschlussveranstaltung beginnt am Sonntag, 22. September, um 14 Uhr auf dem Bebelplatz, wo 1933 die Nazis Bücher nicht erwünschter Autoren verbrannten. Der Platz befindet sich gegenüber der Humboldt-Universität, wo in den vergangenen Monaten Studierende Seminarräume besetzten und das rote Dreieck hinterließen, mit dem die Hamas ihre Feinde markiert. Mehr als 1200 Menschen wurden am 7. Oktober 2023 beim Angriff der Hamas auf Israel ermordet. »Ihre Namen dürfen wir nicht vergessen«, sagt Avi Toubiana, Intendant der Jüdischen Kulturtage Berlin. Sie sollen im Rahmen des Schreibens einer neuen Torarolle festgehalten werden, was durch eine Charity-Aktion ermöglicht wird.

Ein knappes Jahr dauert es, die vorgeschriebenen 79.980 Wörter mit Gänsekiel und reiner Tinte auf das Pergament zu schreiben. Der Sofer Micha Mark Farnadi-Jerusalmi wird die Tora an diesem Sonntag vollenden, umrahmt von Musik und Tanz. Der chassidische Sänger Shloime Gertner kommt aus London, um den Festakt mit seinem Gesang zu begleiten. Anschließend führt ein Festzug vom Bebelplatz zur Synagoge Beth Zion in der Brunnenstraße. »Alle Berlinerinnen und Berliner sind eingeladen, sich anzuschließen und ein Zeichen zu setzen dafür, dass die aktiv gelebte jüdische Religion trotz des erstarkten Antisemitismus weiterhin eine Heimat in Berlin hat«, so der Intendant der Jüdischen Kulturtage.

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025

Universität

Preise der »World Union of Jewish Students« in Berlin vergeben

Die weltweite Vertretung jüdischer Studierender hat ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert und besonders verdienstvolle Personen und Verbände ausgezeichnet

 07.01.2025