EILMELDUNG! Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu

München

Alice und der Berliner Sonnenkönig

Sprach über ihren Vater: die Filmproduzentin Alice Brauner Foto: Marina Maisel

Alice Brauner hat zwei Lebensmittelpunkte: zum einen ihre Geburtsstadt Berlin, wo ihr Vater Artur im September 1946 die CCC Filmstudios gründete, und zum anderen München, wo ihre Zwillingssöhne studieren und ihr Mann Michael Zechbauer zu Hause ist.

Eine Kostprobe von ihrer Quirligkeit, Zielstrebigkeit und Schlagfertigkeit bot die Filmproduzentin nach der Vorführung des von ihr mitproduzierten Dokumentarfilms Marina, Mabuse & Morituri – 70 Jahre Deutscher Nachkriegsfilm im Spiegel der CCC im Gespräch mit Ellen Presser, der Organisatorin der Jüdischen Filmtage am Jakobsplatz.

Leidenschaft Alice Brauners erster Gedanke gilt meist ihrer Mutter Maria, die im August 2017 92-jährig verstarb. Aus Lemberg stammend hatte sie die NS-Zeit mit falschen Papieren überlebt, 1947 den gebürtigen Lodzer Artur Brauner geheiratet, ihm den Rücken frei- und die Familie mit vier Kindern zusammengehalten, während der Workaholic seine Filmleidenschaft auslebte.

Den Rat ihrer Mutter, einen unabhängigen Beruf anzustreben, hat Alice befolgt. Sie studierte Geschichte und Politikwissenschaft, promovierte 1999 über »Antidemokratische und antisemitische Tendenzen in der Neuen Rechten in Deutschland«, ein Thema, das heute aktueller ist denn je. Tochter und Vater Brauner verdrängten es nie.

Sein Geld verdiente »Atze« Brauner, wie ihn Curd Jürgens umbenannt haben soll, in den Zeiten des Wirtschaftswunders der 50er- und 60er-Jahre mit Liebes-, Heimat-, Musik- und Abenteuerfilmen. Über 250 Werke produzierte er, einmal 18 parallel. Daneben öffnete er die Studios der Central Cinema Compagnie für über 500 Fremdproduktionen. Das Bonmot von Mario Adorf, CCC habe für »Zahlt ziemlich zögerlich« gestanden, lässt die Tochter so nicht gelten. Ihr Vater habe die weitläufige Familie unterstützt und niemanden abgewiesen, der mit einem eigenen wichtigen Projekt gekommen sei.

nationalsozialismus Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit war Brauner wichtig, angefangen von Morituri (1948) über Die Gärten der Finzi Contini – der ihm als Koproduzent von Arthur Cohn 1970 einen Oscar eintrug – bis zu Hitlerjunge Salomon (1990).

Seit die Tochter Alice 2006 die Produktion von Der letzte Zug rettete – der Vater war erkrankt –, ist sie als Geschäftsführerin bei der CCC dabei. Während der inzwischen 99-Jährige davon träumt, Drehbücher aus seinem Archiv zum Leben zu erwecken, hat Alice die Filmstudios saniert und preisgekrönte eigene Produktionen wie Wunderkinder realisiert. Jüdische Themen sind ihr wichtig, aber sie ist realistisch. Geld verdient man mit der Vermietung. Und die Digitalisierung des väterlichen Filmvermächtnisses ermöglicht als drittes Standbein deren Wiederaufführung.

»Berlins Sonnenkönig«, der nie in Urlaub ging, könnte mit der Nachfolgeregelung zufrieden sein, wenn er denn wirklich loslassen könnte. Gefragt, wen Tochter Alice gerne einmal treffen würde, antwortete sie spontan: Steven Spielberg. Er imponiert ihr nicht nur als genialer Filmemacher, sondern als Gründer der Shoah Foundation, welche die Erinnerungen von 50.000 Überlebenden dokumentiert. nnm

Leo-Baeck-Preis

»Die größte Ehre«

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke erhält die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Düsseldorf

Für Ausgleich und Verständnis

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erhielt die Josef-Neuberger-Medaille

von Stefan Laurin  21.11.2024

Jubiläum

Religionen im Gespräch

Vor 75 Jahren wurde der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet

von Claudia Irle-Utsch  21.11.2024

Engagement

Helfen macht glücklich

150 Aktionen, 3000 Freiwillige und jede Menge positive Erlebnisse. So war der Mitzvah Day

von Christine Schmitt  20.11.2024

Volkstrauertag

Verantwortung für die Menschlichkeit

Die Gemeinde gedachte in München der gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs

von Vivian Rosen  20.11.2024

München

»Lebt euer Leben. Feiert es!«

Michel Friedman sprach in der IKG über sein neues Buch – und den unbeugsamen Willen, den Herausforderungen seit dem 7. Oktober 2023 zu trotzen

von Luis Gruhler  20.11.2024

Aus einem Dutzend Ländern kamen über 100 Teilnehmer zum Shabbaton nach Frankfurt.

Frankfurt

Ein Jahr wie kein anderes

Was beschäftigt junge Jüdinnen und Juden in Europa 13 Monate nach dem 7. Oktober? Beim internationalen Schabbaton sprachen sie darüber. Wir waren mit dabei

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Porträt

»Da gibt es kein ›Ja, aber‹«

Der Urgroßvater von Clara von Nathusius wurde hingerichtet, weil er am Attentat gegen Hitler beteiligt war. 80 Jahre später hat nun seine Urenkelin einen Preis für Zivilcourage und gegen Judenhass erhalten. Eine Begegnung

von Nina Schmedding  19.11.2024

ZWST-Tagung

Das Fremdsein überwinden

Experten tauschten sich über Strategien zur besseren Integration von Minderheiten aus

von Johanna Weiß  19.11.2024