»Praxiswelten – Zwischenräume der Veränderung – Neue Wege zur Kompetenzerweiterung« hieß die abschließende Fachtagung, zu der die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) Lehrer, Mitarbeiter von Stadtverwaltungen und Sozialarbeiter Anfang dieser Woche nach Neudietendorf bei Erfurt eingeladen hatte.
Sie bildete den Abschluss des siebenjährigen Projektes »Perspektivwechsel« und wurde gemeinsam mit dem Thüringer Sozialministerium und dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (THILLM) veranstaltet. Projektleiterin Marina Chernivsky von der ZWST hatte diese Idee aus dem Bundesprogramm »Toleranz fördern – Kompetenz stärken« entwickelt. Grundsätzlich sei dieses Programm eine gute Idee, betonte sie.
NSU Allerdings habe man sich gegen den Begriff »Toleranz« entschieden. Er bedeute »dulden«. Ein Perspektivwechsel sei jedoch gerade dort wichtig, wo Strukturen erstarrt seien. Rassismus könne durch diese Starrheit zu einer normalisierten Realität geraten. Das beste Beispiel dafür seien die NSU-Morde, die lange Zeit nicht vor dem Hintergrund des Fremdenhasses gesehen wurden.
Das Projekt »Perspektivwechsel« ist gekennzeichnet durch machtkritische und reflexive Ansätze und bietet eine praxisnahe Weiterbildung. Wie notwendig das ist, zeigt nicht nur der deutlicher hervortretende Antisemitismus im Land. Oft würden Rassismusvorwürfe als Mobbing verharmlost. »Diskriminierung geschieht mit Zustimmung.
Praxis Gegen diese vermeintliche Normalität müssen Methoden transportiert und in die Praxis umgesetzt werden«, sagte Chernivsky der Jüdischen Allgemeinen. Mancher Fall von Mobbing sei Rassismus, mancher Antisemitismus. Lehrer und Stadtverwaltungen müssten befähigt werden, jedes einzelne Vorkommnis zu prüfen.
Während des siebenjährigen Projektes wurden jährlich rund 100 Seminare angeboten. Dazu gehörten auch Supervisionen und professionelle Begleitung. Die Arbeitsgruppe zum Thema »aktueller Antisemitismus« ist mit dem jüngsten Treffen beendet. Drei Jahre lang gab es Gespräche zu aktuellen Entwicklungen. Diskussionen und kollegiale Unterstützung seien allerdings auch künftig notwendig. »Denn die engagierten Akteure brauchen viel Begleitung in diesem komplexen Handlungsfeld«, so Chernivsky.