Mehr als 107.000 Bürgerinnen und Bürger aus Hamburg und Umgebung stimmten binnen zwölf Wochen in der Online-Umfrage »Nein zum Antisemitismus – Ja zur Bornplatzsynagoge« für den Wiederaufbau der Synagoge auf dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz, mitten im jüdischen Herzen Hamburgs. Die große Anteilnahme hat sogar Daniel Sheffer erstaunt, Ideengeber und Initiator der Unterschriftensammlung. In einer Feierstunde überreichte er mit seiner Teamkollegin Eva Marhenke die Unterschriftensammlung an Hamburgs Staatsrat Jan Pörksen und an Eli Fel, den 2. Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde.
Abschlussbericht »Es ist wichtig, dass wir mehr als 107.000 Unterschriften in einem Abschlussbericht an den Hamburger Senat und an die Jüdische Gemeinde übergeben und so symbolisch das Mandat für den Bau der Bornplatzsynagoge weiterreichen können«, betonte Sheffer. Für seine Aktion erhielt der Hamburger Unternehmer viel Lob. Auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, gratulierte zur Unterschriftenübergabe per Video: »Jüdisches Leben gehört in die Mitte unserer Gesellschaft, deshalb ist der Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge genau das richtige Zeichen, das wir jetzt brauchen.«
»In kurzer Zeit hatten wir unzählige private und institutionelle Unterstützer an unserer Seite. Ihnen allen gilt unser großer Dank, insbesondere auch dem Hamburger Senat und der Hamburgischen Bürgerschaft, die das Vorhaben von Anfang an tatkräftig unterstützt haben«, dankte Sheffer. »So viel Zustimmung habe ich nicht erwartet«, sagt der 49-Jährige der Jüdischen Allgemeinen. Er habe so viele berührende Begegnungen erlebt, »das hat mir sehr viel Hoffnung gegeben«, freut er sich.
Ausschreibung Er sei sich aber bewusst, dass »kein Gebäude den Antisemitismus bekämpfen kann«. Doch die 107.000 Unterschriften hätten den Wunsch, die Bornplatzsynagoge wiederaufzubauen, einmal mehr bewiesen. In welcher Form, das würde auch die Machbarkeitsstudie zeigen, die jetzt endlich als europaweite Ausschreibung den zuständigen Behörden der EU übermittelt werden konnte. Das Ergebnis erwartet die Jüdische Gemeinde Ende 2021.
Die Machbarkeitsstudie soll Fragen zur Architektur und Nutzung der neuen Synagoge am alten Platz klären. Dazu gehört auch die Frage, was mit dem denkmalgeschützten Hochbunker und dem ebenfalls denkmalgeschützten Mahnmal des Bodenreliefs, mit dem die Künstlerin Margrit Kahl an die Bornplatzsynagoge erinnerte, geschehen könne. Diese Fragen will auch eine mittlerweile internationale Initiative von Architekten, Historikern, anderer Wissenschaftlern und weiteren Bürgern mit der Jüdischen Gemeinde und dem Senat diskutieren.
Es bleibt die Frage, was mit dem denkmalgeschützten Hochbunker sowie dem Mahnmal des Bodenreliefs beim Neubau wird.
Auch Daniel Sheffers Kampagne nahm rasch internationale Ausmaße an, denn die Unterschriften trafen per Social-Media-Klicks, Tweets, Likes, E-Mails, Telefonaten und sogar per Post aus Tel Aviv, Sydney, New York und London bei der Ini-tiative ein. So erzielte die Kampagne eine Reichweite von mehr als 14 Millionen Kontakten. Er habe sogar Fotos der Bornplatzsynagoge von Schoa-Überlebenden aus New York und Sydney erhalten, zeigte sich Daniel Sheffer tief berührt.
Slogan In die Freude mischt sich etwas Unbehagen. So wurde er sich während der Kampagne der Missverständlichkeit des Slogans »Nein zum Antisemitismus – Ja zur Bornplatzsynagoge« bewusst. Denn der Slogan könne auch vermitteln, dass Gegner des Wiederaufbaus der Synagoge Antisemiten seien. Das aber sei auf keinen Fall gewollt. Zudem geht es in allen Diskussionen nicht um das »Ja zur Bornplatzsynagoge«, denn die Zustimmung zum Bau sei gesetzt. Es geht um das »Wie« des Aufbaus, sprich: um die Architektur, um die Gestaltung.
Die Kritik zeigt, dass sich die Menschen mit dem Wiederaufbau beschäftigen.
So seien auch kritische Stimmen unter den E-Mails und Briefen gewesen, was Sheffer durchaus positiv sieht: »Kritik ist stets willkommen, zeigt sie doch, dass sich die Menschen mit dem Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge stark beschäftigen.« Er stelle sich die Synagoge als einen Ort vor, an dem Schülerinnen und Schüler jüdischem Leben begegnen könnten. »Das war überhaupt mein Beweggrund für die Initiative, den Weg zu bereiten, um durch Begegnung und Bildung Unwissenheit abzubauen«, sagt Sheffer.
Für ihn sei mit 107.000 Unterschriften der Zweck der Kampagne mehr als erfüllt. »Die Kampagne ist zu Ende, das Ziel ist erreicht«, sagt Sheffer. Kaum zu glauben, dass dieser umtriebige Mann jetzt die Füße stillhält. Hamburg und Umgebung dürfen gespannt auf sein nächstes Projekt sein. Auch in Sachen Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge.