Rabbi Schimon Bar Jochai, der Raschbi, war ein großer Gelehrter, der während der Eroberung Jerusalems durch die Römer vor rund 2000 Jahren lebte. Er war einer der fünf Schüler von Rabbi Akiwa, die trotz grausamer Verfolgung gewährleisteten, dass die Tora niemals vergessen wird.
Der babylonische Talmud (Schabbat 33b) beschreibt ein bahnbrechendes Ereignis im Leben von Rabbi Schimon: Als die Römer das Studium der Tora verboten, erhob Rabbi Schimon seine Stimme gegen diese Entscheidung. Daraufhin verurteilten ihn die Römer zum Tode.
Wunder Der Gelehrte war gezwungen, sich zu verstecken. Zusammen mit seinem Sohn Elazar floh er in eine Höhle im Norden Israels. Sie hatten keine Nahrung dabei, aber es geschah ein Wunder. In der Höhle wuchs ein Johannisbrotbaum, und eine Wasserquelle tat sich auf.
Rabbi Schimon und sein Sohn hatten in der Höhle auch keine Kleidung zum Wechseln. Um ihre Kleider vor dem Verschleiß zu bewahren, gruben beide ein tiefes Loch und zogen sich aus. Dann buddelten sie sich in den Sand ein – aus Gründen des Anstands wollten sie ihre Körper bedecken. Sie verbrachten ihre gesamten Tage damit, die Tora zu studieren. Wenn die Zeit für das Gebet gekommen war, legten sie ihre Kleider an, beteten und gruben sich dann wieder in den Sand ein.
Zwölf Jahre lang versteckten sich Rabbi Schimon und sein Sohn in der Höhle und beschäftigten sich ausschließlich mit dem Studium der Tora. Eines Tages kam der Prophet Elija in die Höhle und verkündete, dass der römische Kaiser gestorben und das Todesurteil gegen Rabbi Schimon aufgehoben war.
Bauern Rabbi Schimon und sein Sohn wagten sich aus ihrem Versteck hinaus. Auf dem Feld vor der Höhle sahen sie Bauern bei der Arbeit. Rabbi Schimon war schockiert darüber, dass diese Juden nicht ständig mit dem Studium der Tora beschäftigt waren. »Wie kann jemand das ewige Leben aufgeben und sich mit banalen, weltlichen Zielen abgeben?«, fragte er. Danach warf Rabbi Schimon einen Blick auf die Bauern – und weil die spirituelle Kraft des Gelehrten so groß war, lösten sich die Bauern in Luft auf. Doch dann rief eine Stimme, die vom Himmel kam: »Meine Welt darf nicht zerstört werden! Geh zurück in deine Höhle!«
Rabbi Schimon und sein Sohn kehrten in die Höhle zurück, um dort zu lernen, ihre geistigen Kräfte besser zu kontrollieren. Nach Ablauf eines Jahres verkündete ihnen die himmlische Stimme: »Verlasst eure Höhle!« Rabbi Schimon und sein Sohn folgten der Stimme, und wieder sahen sie Menschen, die mit banalen, alltäglichen Dingen beschäftigt waren.
Schabbat Es war Freitagnachmittag, und sie sahen einen Mann, der zwei Bündel Myrtenblüten trug. »Wo gehst du mit diesen Blumen hin?«, fragten sie den Mann. »Sie dienen der Ehre des Schabbat«, antwortete der Mann. »Aber warum hast du zwei Bündel?« »Eines steht für ›zachor‹ und eines für ›schamor‹«, antwortete der Mann. Er bezog sich auf die beiden Aspekte des Schabbat, die in den Zehn Geboten erwähnt sind: Erinnere dich an den Schabbat und bewahre ihn.
An diesem Punkt wandte sich Rabbi Schimon zu seinem Sohn und sagte: » Nun sehe ich, welche Kraft ein Jude und seine Mizwot haben.« Der Schabbat ist ein Tag in der physischen Welt, der eine Brücke zur transzendenten Dimension schlägt. Am Schabbat wohnt selbst rein physischen Aktivitäten – sei es ein köstliches Mahl oder ein Mittagsschlaf – ein besonderer Grad der Heiligkeit inne.
Rabbi Schimon wurde der größte Toragelehrte seiner Generation. Als sein Leben zu Ende ging, rief er seine Studenten zusammen und forderte sie auf, ihm ganz genau zuzuhören. Der Sohar, das wichtigste kabbalistische Werk, beschreibt die Szene folgendermaßen: Rabbi Schimon verbrachte den ganzen Tag in einem prophetischen Bewusstseinsstrom und enthüllte die tiefsten mystischen Geheimnisse der Tora. Er sagte seinen Studenten: »Bis jetzt habe ich die Geheimnisse tief in meinem Herzen bewahrt. Aber jetzt, kurz bevor ich sterbe, möchte ich sie allen enthüllen.«
Feuer Rabbi Abba, ein Student, dessen Aufgabe es war, die Worte von Rabbi Schimon aufzuschreiben, berichtet: »Ich konnte meinen Kopf nicht heben, so intensiv war das Licht, das von Rabbi Schimon ausstrahlte. Den ganzen Tag war das Haus voll Feuer, und niemand konnte in die Nähe kommen. Am Ende des Tages verrauchte das Feuer, und ich konnte Rabbi Schimon ins Gesicht sehen. Er war tot, eingehüllt in seinen Tallit. Er lag auf seiner rechten Körperseite – und lächelte.«
Warum wurde Rabbi Schimon in Licht und Feuer gebadet? Weil die Tora mit Licht verglichen wird – daher der Begriff »Aish HaTora«. Feuer ist das Element, das Physisches in Energie verwandelt. So zeigt uns die Tora auch, wie wir die materielle Welt in transzendente Energie verwandeln können. Der Titel von Rabbi Schimons kabbalistischem Werk, Sohar, bedeutet wörtlich: »scheinendes Licht«.
Holz Um Lag BaOmer zu feiern, entzünden Juden überall in Israel Lager- und Freudenfeuer: als Erinnerung an das große Feuer, das Rabbi Schimon umgab. Schon Wochen vorher bauen israelische Kinder imposante Skulpturen aus Holz, mehrere Meter hoch. An Lag BaOmer, dem 33. Tag der Omerzeit, werden diese Holztürme dann verbrannt.
Doch warum wird ausgerechnet am Todestag von Rabbi Schimon gefeiert? Der Grund ist, dass der Rabbi von den Römern zum Tode verurteilt wurde. Er hätte also schon Jahre zuvor sterben sollen. Doch durch sein enormes Opfer (sein jahrelanges Versteck in der Höhle) und eine Reihe von Wundern (der Johannisbrotbaum und die Wasserquelle) war Rabbi Schimon in der Lage, bis zu seinem natürlichen Ende zu leben. Der Höhepunkt seines Lebens war es, die innersten Geheimnisse der Tora zu enthüllen. All das ist Grund zum Feiern!
Pilger Lag BaOmer ist ein großer Tag des Pilgerns zum Grab von Rabbi Schimon am Berg Meron in Galiläa. Mehrere Hunderttausend Juden besuchen an diesem Tag die Meron-Berge. Sie tanzen, beten und feiern die wunderbaren spirituellen Geschenke, die Rabbi Schimon uns gemacht hat. Manche campieren wochenlang in den Meron-Bergen und bereiten sich auf das große Ereignis vor.
An Lag BaOmer ist die ganze Region voller Fackeln und Lagerfeuer – in den Straßen und auf den Dächern. Piloten, die das Gebiet überfliegen, sind irritiert, und Satellitenkarten von Israel nehmen an diesem Tag eine andere Färbung an. Symbolisch gesehen illuminieren sie die Pfade derer, die die tieferen Wahrheiten der Tora verstehen wollen – so wie sie Rabbi Schimon Bar Jochai enthüllt hat.
Übersetzung und Abdruck mit freundlicher Genehmigung von aish.com