Wochenabschnitte

Zwei Wege zum Gipfel

In der Diaspora werden in diesem Jahr zwischen Pessach und Schawuot andere Paraschot gelesen als in Israel

von Rabbiner Elischa Portnoy  27.04.2018 15:35 Uhr

Toralesen: Welcher Abschnitt darf es sein? Foto: Thinkstock

In der Diaspora werden in diesem Jahr zwischen Pessach und Schawuot andere Paraschot gelesen als in Israel

von Rabbiner Elischa Portnoy  27.04.2018 15:35 Uhr

Stellen Sie sich vor, Sie sind in diesen Wochen zwischen Pessach und Schawuot nach Israel eingeladen, um an einer Barmizwa-Feier teilzunehmen. Am vergangenen Schabbat wurde in Ihrer eigenen Synagoge der Doppelwochenabschnitt »Tasria-Mezora« gelesen. Sie erwarten natürlich, dass der Barmizwa-Junge am kommenden Schabbat den nächsten Doppelwochenabschnitt »Acharej-Kedoschim« rezitieren wird.

Jedoch steht in der Einladung zu Ihrem Erstaunen, dass am kommenden Schabbat, an dem Barmizwa in Israel gefeiert wird, die Paraschat Emor ist. Wie kann das sein? Werden in Israel etwa andere Wochenabschnitte aus der Tora gelesen als in Deutschland?

Schabbat Ja, das ist tatsächlich so: In diesem Jahr werden in Israel in insgesamt fünf Wochen nach dem Pessachfest am Schabbat in den Synagogen nicht dieselben Paraschot vorgelesen wie außerhalb Israels in der Diaspora (Chutz laAretz). Woran liegt das? Normalerweise wird sowohl in Israel als auch in der Diaspora der gleiche Wochenabschnitt gelesen, den unsere Weisen vor vielen Jahren festgelegt haben.

»Schuld« daran ist der doppelte Feiertag außerhalb Israels: Laut der Tora hängt das Anfangsdatum jedes Monats (Rosch Chodesch) davon ab, ob die Zeugen den Neumond gesehen und beim Sanhedrin in Jerusalem dazu ausgesagt haben.

Ein jüdischer Monat kann nicht länger als 30 Tage sein. Haben die Zeugen den Mond am 30. Tag des Monats gesehen und diese Tatsache noch rechtzeitig bezeugt, wird dieser Tag zum ersten Tag des neuen Monats. War der Himmel bedeckt oder gab es keinen Neumond an diesem Tag, wird der nächste Tag automatisch zum Rosch Chodesch.

Jerusalem Ob es im aktuellen Monat 29 oder 30 Tage gab, bekamen zu Zeiten des Ersten und des Zweiten Tempels zuerst die Menschen in Jerusalem mit. Danach wurden nach und nach andere Ortschaften darüber durch einen Boten benachrichtigt. Und es dauerte mehrere Wochen, bis die Boten in die entfernten Regionen in Babylon kamen, wo es damals eine große jüdische Diaspora gab.

Deshalb bestand in Babylon oft Unsicherheit über den Anfang der jüdischen Feiertage, die normalerweise in der Mitte des Monats beginnen. Und aus diesem Grund wurden Feiertage zwei Tage lang gefeiert: Sollte der letzte Monat 29 Tage lang gewesen sein, ist der Feiertag heute, war der Monat 30 Tage lang, ist der Feiertag morgen. So entstand der Brauch außerhalb Israels, alle Jamim Tovim zwei Tage lang statt nur an einem Tag wie in Israel zu feiern.

Tempel Heute haben wir keinen Tempel, keinen Sanhedrin und deshalb auch keine Zeugnisse bezüglich des Monatsanfangs mehr. Jedoch ist uns der Brauch, die Feiertage in der Diaspora doppelt zu feiern, erhalten geblieben. In diesem Jahr endete Pessach in Israel am Freitag (6. April). Am Tag danach, dem Schabbat, wurde die Parascha »Schmini« gelesen.

Außerhalb Israels war jener Schabbat jedoch entsprechend des Brauchs der zusätzliche achte Pessachtag, und an diesem Schabbat wird nicht »Schmini«, sondern ein spezieller Abschnitt für das Fest aus der Tora gelesen.

Und so kam es zum Unterschied: Während am Schabbat nach Pessach (14. April) in der Diaspora noch »Schmini« gelesen wurde, war Israel schon beim »Tasria-Mezora«.
Jedoch wird diese Ungleichheit rechtzeitig zu Schawuot beendet: Während in Israel Paraschat »Bechukotaj« gelesen wird, wird in anderen Ländern »Behar-Bechukotaj« rezitiert.

Dadurch werden alle Juden in der Welt am Schabbat vor Schawuot zusammen den Wochenabschnitt »Bemidbar« lesen – und damit rechtzeitig zum Empfang der Tora zumindest im Toralesen wieder vereint sein.

Studium

»Was wir von den Rabbinern erwarten, ist enorm«

Seit 15 Jahren werden in Deutschland wieder orthodoxe Rabbiner ausgebildet. Ein Gespräch mit dem Gründungsdirektor des Rabbinerseminars zu Berlin, Josh Spinner, und Zentralratspräsident Josef Schuster

von Mascha Malburg  21.11.2024

Europäische Rabbinerkonferenz

Rabbiner beunruhigt über Papst-Worte zu Völkermord-Untersuchung

Sie sprechen von »heimlicher Propaganda«, um Verantwortung auf die Opfer zu verlagern: Die Europäische Rabbinerkonferenz kritisiert Völkermord-Vorwürfe gegen Israel scharf. Und blickt auch auf jüngste Papst-Äußerungen

von Leticia Witte  19.11.2024

Engagement

Im Kleinen die Welt verbessern

Mitzvah Day: Wie der Tag der guten Taten positiven Einfluss auf die Welt nehmen will

von Paula Konersmann  17.11.2024

Wajera

Offene Türen

Am Beispiel Awrahams lehrt uns die Tora, gastfreundlich zu sein

von David Gavriel Ilishaev  15.11.2024

Talmudisches

Hiob und die Kundschafter

Was unsere Weisen über die Ankunft der Spione schreiben

von Vyacheslav Dobrovych  15.11.2024

Gebote

Himmlische Belohnung

Ein Leben nach Gʼttes Regeln wird honoriert – so steht es in der Tora. Aber wie soll das funktionieren?

von Daniel Neumann  14.11.2024

New York

Sotheby’s will 1500 Jahre alte Steintafel mit den Zehn Geboten versteigern

Mit welcher Summe rechnet das Auktionshaus?

 14.11.2024

Lech Lecha

»Und du sollst ein Segen sein«

Die Tora verpflichtet jeden Einzelnen von uns, in der Gesellschaft zu Wachstum und Wohlstand beizutragen

von Yonatan Amrani  08.11.2024

Talmudisches

Planeten

Die Sterne und die Himmelskörper haben Funktionen – das wussten schon unsere Weisen

von Chajm Guski  08.11.2024