Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Dienstag die zehnte Weltversammlung von »Religions for Peace« (RfP) in Lindau am Bodensee offiziell eröffnet. Eigenen Angaben zufolge ist die Versammlung die weltweit größte Allianz religiöser Gemeinschaften in rund 100 Ländern. Hauptsitz ist New York. Bis einschließlich Freitag beraten mehr als 900 Religionsvertreter auch über mögliche Lösungen für aktuelle Konflikte.
Ruanda Vertreter des Bündnisses waren unter anderem bei den Konflikten in Bosnien-Herzegowina und in Ruanda als Vermittler tätig. Zu den diesjährigen Teilnehmern gehören auch jüdische Vertreter wie David Rosen, internationaler Direktor für interreligiöse Angelegenheiten des American Jewish Committee (AJC), Oded Wiener, ehemaliger Generaldirektor des israelischen Oberrabbinats, Rabbiner Walter Homolka, Rektor des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam, und Rabbiner Tovia Ben-Chorin.
Steinmeier betonte, in Deutschland nehme man ernst, »dass die Religionen zu den größten gesellschaftlichen Akteuren der Welt gehören«. Im Auswärtigen Amt sei daher ein eigenes Referat »Religion und Außenpolitik« gegründet worden: »Und so ist es für uns auch selbstverständlich, dass wir die Arbeit von Religions for Peace besonders unterstützen.«
Phänomen Steinmeier unterstrich: »Es darf uns – ich darf mich hier als gläubiger Christ ganz bewusst einschließen –, es darf uns, denen uns Religion und Glaube wichtig sind, nicht gleichgültig sein, wenn immer wieder viele Menschen zum Ausdruck bringen, dass Religion geradezu ein friedensverhinderndes, ja kriegsförderndes Phänomen sei.«
Der religiöse Glaube könne »eine große, ja wunderbare Macht sein, die den Einzelnen für sein ganzes Leben prägen kann, die ihm im Leben und Sterben Kraft und Sinn geben kann«. Doch Glaube und Religion könnten auch missbraucht werden: »Als Motivation für im Grunde außerreligiöse Intentionen und politische Ziele«, so der Bundespräsident. Er unterstrich: »Kein Krieg darf geführt werden im Namen der Religion! Das muss die gemeinsame Botschaft von Lindau sein.«
Globalisierung Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bezeichnete das Treffen am Bodensee als »Zeichen der Hoffnung in einer verunsicherten Welt«. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte, in Zeiten der Globalisierung müssten die Religionen Instrumente des Friedens sein.
Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., forderte: »Wir müssen die Menschheit dazu bewegen, sich für ein weltweites Gemeinwohl einzusetzen.« Scheich Abdullah bin Bayyah aus den Vereinigten Arabischen Emiraten bemerkte, die Globalisierung habe zwei Kräfte hervorgebracht: die eine, die darauf dringe, religiöse Identitäten zu zerstören und eine gemeinsame aufzubauen, und die andere, die Gemeinschaften dazu bringe, sich an ihre Sitten und Bräuche zu klammern. Doch werde es keine Zukunft Einzelner geben, wenn es nicht eine Zukunft aller gebe.
Motto Die Tagung steht unter dem Motto »Caring for Our Common Future – Advancing Shared Well Being« (»Für unsere gemeinsame Zukunft sorgen – das Gemeinwohl für alle fördern«). Viel Beachtung fand der »Ring for Peace«.
Diese vom Brandenburger Künstler Gisbert Baarmann geschaffene 7,5 Meter hohe Skulptur steht nun dauerhaft im Lindauer Luitpoldpark. Sie ist aus 36 Hölzern aus aller Welt als in sich verschlungenes Möbiusband geschaffen und soll die sich »gegenseitig komplettierende Eigenschaft von Weltreligionen« symbolisieren, »die in ihrer Einheit die Gesamtheit des Bewusstseins abbilden«. kna/epd/ag