Rabbiner Balla, die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland hat angesichts der aktuellen Ereignisse zu Gebeten für den Frieden aufgerufen. Welche Bedeutung hat das?
Wir sehen die Situation mit großer Sorge, aus politischer, aber auch vor allem aus menschlicher Perspektive. Wir sind in großer Sorge um die Menschen in der Ukraine und um den Frieden in Europa und der Welt. Wir glauben, dass Gebete helfen. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass das Leben in G’ttes Händen ist. Wenn es eine Krise oder Krieg gibt, reflektiert das auch auf uns. Wir müssen in diesen Zeiten überlegen, wie wir unsere Welt verbessern können, damit es nicht zu solchen Auseinandersetzungen kommt. Die Zeit des Krieges ist immer eine Zeit der Teschuwa, der Rückkehr zu G’tt, eine Zeit der Gebete und die Zeit der Fürsorge für Menschen in Not.
An diesem Schabbat wird in den Synagogen der Wochenabschnitt Wajakhel gelesen, es geht um die Bildung der Gemeinschaft. Hat dies gerade in diesen Zeiten eine besondere Relevanz?
Wir lesen in der Tora von Zeiten der Krise nach der Sünde des Goldenen Kalbes, in der Mosche das Volk wieder zusammenführt. Insofern ist es auch an diesem Schabbat und in dieser aktuellen Krise besonders wichtig, dass wir in der Gemeinde sind, den Wert der Gemeinschaft und des friedlichen Lebens miteinander erkennen.
Hat es dabei Auswirkungen, dass Sie in der Gemeinde auch Menschen russischer und ukrainischer Herkunft haben?
Wir müssen darauf achten, dass Politik nichts in der Synagoge zu suchen hat. Das bedeutet nicht, dass wir nicht auch eine klare politische Positionierung haben. Aber in der Gemeinde stehen die Menschen im Vordergrund, wir müssen aufeinander achten, besonders auf die, die in der Region Familie und Freunde haben und persönlich betroffen sind. Wir sind eine jüdische Gemeinschaft: Auch wenn wir unterschiedlicher Herkunft haben, richten wir uns gemeinsam in Richtung G’ttes in Fürsorge für die Menschen in Not, darauf kommt es in der Synagoge an.
Sie sind Militärbundesrabbiner. Sorgen Sie sich in dieser Situation auch um die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr?
Wir haben in der Synagoge in Leipzig die Tradition eingeführt, ein Gebet für die deutschen Streitkräfte zu sagen. Alle, die sich für den Frieden der Welt einsetzen, sollten den besonderen Schutz G’ttes haben. Wir beten für die Soldaten. Wir sollten für die Verteidigung sorgen. Und wir sollten alle Bemühungen für den Frieden in der Welt unterstützen.
Mit dem Militärbundesrabbiner und Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig sprach Detlef David Kauschke.