Brauch

Wie oft Pessach?

Foto: Getty Images/iStockphoto

Wir haben ein Problem. Laut der Tora gibt es diesen Tag überhaupt nicht. Es steht im 2. Buch Mose 12, 14–20: »Sieben Tage sollt ihr ungesäuertes Brot essen, doch am ersten Tag müsst ihr schon den Sauerteig aus euren Häusern geräumt haben. Denn wer gesäuertes Brot isst, vom ersten Tage bis zum siebten, dessen Person soll aus Jisrael vertilgt werden. Am ersten Tag soll die Ausrufung der Heiligkeit geschehen, und am siebten Tag soll bei euch eine Ausrufung zur Heiligkeit geschehen … Sieben Tage soll kein Sauerteig in euren Häusern zu finden sein …«

Nichtsdestotrotz entwickelte sich in der Diaspora ein Brauch des »Jom Tow scheni schel Galujot« – ein doppelter Festtag im Exil. Der Grund war die Unsicherheit über das genaue Datum des ersten Tages im Monat, des Neumondes. Obwohl Boten schnell vom Sanhedrin in Jerusalem geschickt werden konnten, blieb es möglich, dass weit entfernte Gemeinden den richtigen Tag versäumen würden.

Es gibt eigentlich keinen »achten Tag von Pessach«, sondern den ersten Tag zweimal.

Also gibt es eigentlich keinen »achten Tag von Pessach«, sondern den ersten Tag zweimal, und dann beginnt man, vom nächsten Tag sieben Tage von Chol Hamoed zu zählen. Zusammen macht das acht.

Kalender Doch wer entscheidet über den Kalender? Warum gibt es keinen zweiten Jom Kippur, aber einen zweiten Tag Sukkot, zum Beispiel? Um die Komplikationen noch zu vergrößern, beginnt man mit den Omerzählung direkt nach Ablauf des ersten Pessachtages, was bedeutet, dass Schawuot laut dieser Berechnung gefeiert wird – aber ebenfalls doppelt. Und dazu fällt der erste Pessachtag diesmal auf einen Schabbat. Und dieses Jahr gab es auch zweimal einen Monat Adar, mit »Purim Katan« im ersten und dem echten Purimfest im zweiten Monat.

Am Freitag und Samstag, dem 15. und 16. April dieses Jahres, feiern die Juden Israels und liberale Juden weltweit Pessach. Orthodoxe Juden in der Diaspora jedoch feiern am Abend des 15. April nur ein provisorisches Pessach und wiederholen den Seder am nächsten Tag sicherheitshalber. Nach dem Motto: »Ma nischtana, was macht diese Nacht anders als alle anderen Nächte (außer morgen Abend)?«

Am Schabbat, dem 22. und 23. April, feiern Israelis »Schabbat Acharej Mot« mit der Sidra-Lesung aus dem 3. Buch Mose, während es in der Diaspora noch einen Tag länger Pessach bleibt, ohne Gesäuertes und Maimuna-Party. Außerhalb Israels wird ein Sonderabschnitt aus dem 5. Buch Mose 14–16 gelesen, mit einem Maftir aus dem 4. Buch Mose 28 und einer besonderen Haftara aus Jeschajahu. Und danach wird es noch Monate dauern, bevor die zwei Wochenabschnitts-Kalender wieder miteinander synchronisiert werden können – eigentlich bis zum 30. Juli, wenn man die zwei Abschnitte Matot und Masej zusammenlegen kann, kurz vor Beginn des 5. Buch Mose.

Am Schabbat darf man den Vertrag nicht rückgängig machen. Also bleibt der 23. April wohl oder übel ein Schabbat mit Mazze.

Aber zu diesem Pessachfest stellen sich andere Fragen. Wo kann man Challot kaufen, wenn alle koscheren Läden noch geschlossen sind? Am Schabbat selbst darf man ja nicht backen, und am Tag zuvor ist Hefe auch noch nicht zu Hause erlaubt. Für die, die versuchen, alle häuslichen Probleme durch den Verkauf von Chametz zu erleben, stellte sich folgendes Problem: Am Schabbat darf man den Vertrag nicht rückgängig machen. Also bleibt der 23. April wohl oder übel ein Schabbat mit Mazze.

termine Alles verstanden? Und wir dachten, dass die christlichen Kirchen Probleme mit unterschiedlichen Terminen von Weihnachten und Ostern hätten …

Im Talmud gab es übrigens einmal einen Streit über den Kalender und darüber, an welchen Tag Jom Kippur wirklich hätte gefeiert werden sollen. Allerdings akzeptieren wir doch den siebten Tag der Woche als Schabbat, ohne einen zweiten Schabbat hinzufügen. Ich wünsche also Schabbat Schalom und nicht Chag Sameach!

Der Autor ist Rabbiner und lebt in Berlin.

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025

Geschichte

Waren wir wirklich in Ägypten?

Lange stritten Historiker darüber, ob die Erzählung vom Exodus wahr sein könnte. Dann kamen die Archäologen

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Feiertage

Pessach ist das jüdische Fest der Freiheit - und der Frauen

Die Rolle und Verdienste von Frauen würdigen - dafür ist Pessach eine gute Gelegenheit, sagen Rabbinerinnen. Warum sie das meinen und welchen Ausdruck diese Perspektive findet

von Leticia Witte  11.04.2025

Exodus

Alle, die mit uns kamen …

Mit den Israeliten zogen noch andere »Fremde« aus Ägypten. Was wissen wir über sie?

von Sophie Bigot Goldblum  11.04.2025

Zaw

Das Volk der Drei

Warum zwischen Priestern, Leviten und gewöhnlichen Israeliten unterschieden wurde

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  11.04.2025

Stärke

An den Prinzipien festhalten

In der Haggada heißt es, dass Juden in jeder Generation Feinde haben werden. Klingt entmutigend? Soll es nicht!

von Rabbiner Raphael Evers  11.04.2025

Talmudisches

Ägypten

Was unsere Weisen über das Land des Auszugs der Israeliten lehrten

von Chajm Guski  11.04.2025