In Bava Batra 22a lesen wir, wie Raw Dimi aus Nehardea getrocknete Feigen als Handelsware per Schiff nach Machosa brachte. »Da sprach Rawa zu seinem Schüler Raw Adda bar Abba: ›Geh und berieche die Krüge (seines Wissens) und prüfe, ob er wirklich ein Toragelehrter ist. Ist das der Fall, überlass ihm den gesamten Markt!‹ … Da ging Raw Adda bar Abba zu Raw Dimi und stellte ihn auf die Probe: ›Wenn ein Elefant einen Weidenkorb schluckt und ihn in Gänze mit seinen Exkrementen wieder ausscheidet – kann dieser Korb rituelle Unreinheit erlangen?‹«
Kontext Diese Geschichte ist nur zu verstehen, wenn man den Kontext kennt. Es geht um die Möglichkeit einheimischer Händler, reisenden Wanderhändlern das Marktrecht abzuerkennen. Feigenhändler in der mesopotamisch-sassanidischen Hauptstadt Machosa (Ktesiphon) des vierten Jahrhunderts, in dem unsere Erzählung spielt, hatten ein Interesse daran, dass Händlern aus anderen Städten nicht erlaubt wird, ihre Ware in Machosa zu verkaufen. Ob ein solcher Einspruch zulässig sei, ist das halachische Thema unserer Geschichte.
Ein besonderer Fall ist es, wenn die ausländischen Händler zugleich Toragelehrte sind. Wenn sie nämlich nicht schnell Käufer finden, würden sie zu lange von ihrem Studium abgehalten werden. Um dies zu verhindern, ist nach der vorherrschenden Meinung in der Gemara den Gelehrten ein Marktprivileg einzuräumen.
Generation Dieses Recht möchte der aus Nehardea angereiste Raw Dimi gern wahrnehmen. Doch Rawa, einer der größten Gelehrten seiner Generation, möchte Raw Dimis Torawissen genauer untersuchen, um festzustellen, ob dessen Studium es wirklich wert sei, allen Händlern der Stadt das Verkaufsrecht zu mindern.
So entsendet Rawa also seinen Schüler Raw Adda bar Abba, der daraufhin Raw Dimi diese leicht anrüchige Frage zum Kot eines Elefanten stellt. Was dabei ein wenig an die Herstellung von heutigem hochwertigen Black Ivory Coffee erinnert (der aus von Elefanten ausgeschiedenen Kaffeebohnen gewonnen wird), ist eine ernstgemeinte halachische Frage nach der möglichen Unreinheit des Weidenkorbs.
Reinheit (tohora) und Unreinheit (tum’a) sind Begriffe aus der Terminologie der Tora, die ein Verhältnis von Menschen oder Objekten zum heiligen Mischkan und dem Jerusalemer Tempel ausdrücken. »Unrein« heißt, dass eine Sache mit dem Tempel nicht kompatibel ist und diesen unter anderem nicht betreten darf.
Gegenstand Doch nicht alle Dinge sind überhaupt in der Lage, unrein zu werden. Grob gesagt, kann ein Gegenstand empfänglich für Unreinheit werden, wenn es sich bei ihm um ein menschengemachtes »Kultur«gut handelt – im Unterschied zu reiner »Natur«. Unbearbeitete Pflanzen etwa können nicht unrein werden. Sind sie jedoch zum Beispiel zu einem Korb geflochten, kann das entstandene Produkt, der Korb, sehr wohl unrein werden.
Oft ist der Übergang von Natur zu Kultur dabei allerdings nicht so eindeutig, gerade auch, wenn es in die entgegengesetzte Richtung geht. Wäre der Korb im Magen des Elefanten ganz zersetzt worden, so wäre dieser zu Kot (Natur) geworden und könnte somit überhaupt nicht mehr unrein werden.
In unserer Geschichte jedoch wurde der Korb nicht vollständig verdaut, sondern als ganzer wieder ausgeschieden. Gilt er nun als Kot oder als Korb? Mit dieser kniffligen Frage aus der rabbinischen Tradition (Menachot 69a) wird Raw Dimi von Raw Adda bar Abba gequält.
Not Das traurige Ende der Geschichte ist, dass Raw Dimi die Antwort leider nicht wusste und man ihm deshalb das Marktprivileg verwehrte. Er beklagte sich über seine finanzielle Not. Sein Kollege Raw Josef verfluchte daraufhin Raw Adda bar Abba, der sodann starb. Letztlich bereuten Raw Dimi und Raw Josef diese Tat. So weit kann eine halachische Frage über einen Elefanten also gehen.