Buch

Weltbild der Kabbala

Die jüdische Mystik, Kabbala genannt, wird in den meisten Einführungen in das Judentum allenfalls am Rande erwähnt. Das ist sicher kein Zufall, und die Autoren können ihre Schwerpunktsetzung wie folgt rechtfertigen: Bevor jemand über eine Vertiefung der Glaubensinhalte informiert wird, sollte er erst sowohl mit der Praxis als auch mit den Grundlehren der Religion vertraut sein.

Nach Meinung des israelischen Rabbiners Adin Steinsaltz, der im deutschen Sprachgebiet als Autor gehaltvoller Werke über die Bibel und den Talmud seit vielen Jahren bekannt ist, ist die Kabbala die Theologie des jüdischen Volkes. Deshalb weicht der Aufbau seines Buches über die Bedeutung des jüdischen Lebens, das jetzt ins Deutsche übersetzt wurde, von der Gliederung der üblichen Darstellungen ab.

Übersetzung Es geht Steinsaltz darum, in das großartige Weltbild der Kabbala einzuführen, und zwar in einer Sprache, die allgemein verständlich ist. Die deutsche Übersetzung von Marcel Marcus und Klaus Schäfer ist sehr gut lesbar; bei der Kompliziertheit der behandelten Materie ist dies als eine beachtliche Leistung einzuschätzen.

Steinsaltz erläutert die Vier-Welten-Lehre und selbstverständlich auch das Konzept der zehn Sefirot. Als Kostprobe aus der mystischen Literatur bringt Steinsaltz einen kurzen Text aus dem Buch Tikkunej haSohar, den er dann Satz für Satz sorgfältig kommentiert. Der Autor erklärt, wie die Kabbala die Seelenteile des Menschen sieht und was es mit der Reinkarnation der Seele auf sich hat.

Leicht zu begreifen sind einige der behandelten Themen gewiss nicht; dann liest man die eine oder andere Passage eben mehrmals. Der amerikanisch-jüdische Publizist Arthur Kurzweil gab in seinem Buch über Steinsaltz zu Protokoll, er habe Die dreizehnblättrige Rose im Laufe von 25 Jahren mehr als hundertmal durchgearbeitet. Wer hätte gedacht, dass jemand ein Buch so oft lesen kann?

Kiddusch Der Untertitel der deutschen Ausgabe lautet: »Von den Geheimnissen der Kabbala und ihrer Bedeutung für unser Leben«. Wer die kabbalistischen Bemerkungen zum Kiddusch am Freitagabend liest, wird vermutlich viele Einzelheiten der ihm bekannten Zeremonie in einem neuen Licht sehen.

Hier kann man von einer Wissensvertiefung sprechen, welche unsere Glaubenspraxis zu bereichern vermag. Das gilt auch für die Ausführungen im Abschnitt über die Umkehr und im Kapitel über das Gebet. Beachtenswert ist die Feststellung: »Den wahren Wert eines Gebets können wir nicht daran ermessen, wie viel einer schreit, zittert oder aufgeregt ist, sondern an dem, was von der Erfahrung nach dem Ende des Gebetes bleibt.« Das Wissen um diesen Maßstab wird manche Leser nachdenklich stimmen.

Ein wenig stolz teilt der Autor in seinem Vorwort mit, die Begegnung mit dem vorliegenden Buch habe für einige Leser eine drastische Veränderung in ihrem Leben eingeleitet. Es bleibt abzuwarten, ob die deutsche Ausgabe ebenfalls solche Wunder bewirken kann.

Adin Steinsaltz: »Die dreizehnblättrige Rose«. Crotona Verlag, Amerang 2011, 232 S., 17,95 €

Ethik

Eigenständig handeln

Unsere Verstorbenen können ein Vorbild sein, an dem wir uns orientieren. Doch Entscheidungen müssen wir selbst treffen – und verantworten

von Rabbinerin Yael Deusel  10.01.2025

Talmudisches

Greise und Gelehrte

Was unsere Weisen über das Alter lehrten

von Yizhak Ahren  10.01.2025

Zauberwürfel

Knobeln am Ruhetag?

Der beliebte Rubikʼs Cube ist 50 Jahre alt geworden – und hat sogar rabbinische Debatten ausgelöst

von Rabbiner Dovid Gernetz  09.01.2025

Geschichte

Das Mysterium des 9. Tewet

Im Monat nach Chanukka gab es ursprünglich mehr als nur einen Trauertag. Seine Herkunft ist bis heute ungeklärt

von Rabbiner Avraham Radbil  09.01.2025

Wajigasch

Nach Art der Jischmaeliten

Was Jizchaks Bruder mit dem Pessachlamm zu tun hat

von Gabriel Umarov  03.01.2025

Talmudisches

Reich sein

Was unsere Weisen über Geld, Egoismus und Verantwortung lehren

von Diana Kaplan  03.01.2025

Kabbala

Der Meister der Leiter

Wie Rabbiner Jehuda Aschlag die Stufen der jüdischen Mystik erklomm

von Vyacheslav Dobrovych  03.01.2025

Tradition

Jesus und die Beschneidung am achten Tag

Am 1. Januar wurde Jesus beschnitten – mit diesem Tag beginnt bis heute der »bürgerliche« Kalender

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  01.01.2025 Aktualisiert

Chanukka

Sich ihres Lichtes bedienen

Atheisten sind schließlich auch nur Juden. Ein erleuchtender Essay von Alexander Estis über das Chanukka eines Säkularen

von Alexander Estis  31.12.2024