ARK

»Es geht hier auch um die Glaubwürdigkeit«

Stein des Anstoßes: Rabbiner Walter Homolka Foto: Uwe Steinert

15 Mitglieder der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK) haben sich in der vergangenen Woche in einer gemeinsamen Erklärung von ihrem Kollegen, Rabbiner Walter Homolka, distanziert. Vorangegangen war die Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts der Universität Potsdam, an der Homolka lehrt. Die Kommission sah den Vorwurf des Machtmissbrauchs gegen Homolka als bestätigt an.

ETHIK Dessen Verhalten sei »mit den Werten der jüdischen wie auch der allgemeinen Ethik nicht vereinbar«, heißt es in der Erklärung, die 15 ARK-Mitglieder unterschrieben haben. Die Unterzeichnenden sehen zudem »einer schnellen Veröffentlichung der Ergebnisse der im Auftrag des Zentralrats der Juden in Deutschland zusätzlich in die Wege geleiteten Untersuchung entgegen«.

Es folgt die Aufforderung, die Ergebnisse der Untersuchungen »ernst zu nehmen und vor allem die Betroffenen anzuhören«. Alle müssten »gemeinsam auf einen Neuanfang der beteiligten Institutionen« hinarbeiten.

Die ARK ist ein Gremium liberaler und konservativer Rabbiner unter dem Dach des Zentralrats. Homolkas Mitgliedschaft ruht laut ARK derzeit.

Die Rabbinerinnen Ulrike Offenberg und Elisa Klapheck fordern den Rücktritt Homolkas von allen seinen Ämtern.

Rabbinerin Gesa Ederberg, die die Erklärung mitunterzeichnet hat, unterstrich im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen: »Selbstverständlich muss der von uns geforderte Neuanfang sowohl strukturell als auch personell sein.« Rabbiner Max Feldhake sagte der Jüdischen Allgemeinen, er stimme dieser Forderung zu. Noch deutlicher wurden die Rabbinerinnen Ulrike Offenberg und Elisa Klapheck, die der Jüdischen Allgemeinen sagten, sie forderten den Rücktritt Homolkas von allen seinen Ämtern.

Homolka hat unter anderem den Vorsitz der Union progressiver Juden inne sowie weitere Leitungspositionen, etwa bei der Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner, dem Abraham Geiger Kolleg (AGK), und beim jüdischen Studienwerk ELES. Derzeit lässt er auch diese Ämter ruhen.

MITGLIEDERVERSAMMLUNG Nach Auskunft der ARK bräuchte es für einen Ausschluss Homolkas aus der Rabbinerkonferenz eine Zweidrittelmehrheit unter den Mitgliedern. Der ARK-Vorsitzende, Rabbiner Andreas Nachama, sagte unserer Zeitung: »Es wird abzuwarten bleiben, wie sich die ARK hier in einer Mitgliederversammlung positioniert.« Die Rabbinerkonferenz soll sich an diesem Wochenende in Frankfurt/Main treffen.

»Selbstverständlich muss der von uns geforderte Neuanfang sowohl strukturell als auch personell sein.«

Nachama verwies zudem auf eine Stellungnahme zu dem Ergebnis der universitären Untersuchung,die Ende Oktober im Namen der gesamten ARK veröffentlicht worden war. Daraufhin hatten sich Anfang November zunächst acht Mitglieder der ARK in einer Erklärung von Homolka distanziert.

Rabbinerin Elisa Klapheck, Unterzeichnerin der neueren Erklärung von 15 ARK-Rabbinern, sagte dazu: »Es geht hier auch um die Glaubwürdigkeit der ARK als die Vertretung des liberalen und konservativen Judentums mit seinen ethischen Standards. Hierfür haben die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen ein Zeichen gesetzt.«

Eine Kampfabstimmung über den Ausschluss Homolkas ist laut Rabbinerin Klapheck nicht das Ziel der Erklärung. »Eine solche Abstimmung, egal wie sie ausgeht, würde nur den Schmerz auf einer der beiden Seiten vertiefen und vielleicht sogar auf eine Spaltung hinauslaufen. Ich halte es für wichtig, dass Homolka selbst von allen Ämtern zurücktritt und damit Raum schafft, damit sich die ARK neu zusammenfinden kann«, betonte Elisa Klapheck.

EINGRIFFE Walter Homolka steht seit Monaten in der Kritik, nachdem im Mai ein Artikel in der Tageszeitung »Welt« erschienen war, in dem ihm unter anderem Machtmissbrauch und die Duldung sexualisierter Belästigung vorgeworfen wird. Die Vorwürfe beziehen sich vor allem auf seine Tätigkeit als Lehrkraft an der Jewish School of Theology sowie als Leiter des AGK. Beide Einrichtungen sind Teil der Universität Potsdam.

Eine Untersuchungskommission der Universität kam zu dem Ergebnis, dass sich »gegenüber Prof. Homolka die Vorwürfe des Machtmissbrauchs durch Ämterhäufung, durch Schaffung problematischer Studien- und Arbeitsverhältnisse, durch Karriereeingriffe bestätigt« hätten. Im Bericht heißt es weiter: »Viele der Befragten gaben zu Protokoll, dass Herr Homolka ein ›Klima der Angst‹ geschaffen habe.« Nicht bewiesen sei dagegen der Vorwurf der Duldung sexualisierter Belästigung.

Den ebenfalls erhobenen Vorwurf des wissenschaftlichen Fehlverhaltens habe man noch nicht abschließend prüfen können. ag/js

Debatte

Rabbiner für Liberalisierung von Abtreibungsregelungen

Das liberale Judentum blickt anders auf das ungeborene Leben als etwa die katholische Kirche: Im jüdischen Religionsgesetz gelte der Fötus bis zur Geburt nicht als eigenständige Person, erklären liberale Rabbiner

von Leticia Witte  11.12.2024

Vatikan

Papst Franziskus betet an Krippe mit Palästinensertuch

Die Krippe wurde von der PLO organisiert

 09.12.2024

Frankfurt

30 Jahre Egalitärer Minjan: Das Modell hat sich bewährt

Die liberale Synagogengemeinschaft lud zu einem Festakt ins Gemeindezentrum

von Eugen El  09.12.2024

Wajeze

»Hüte dich, darüber zu sprechen«

Die Tora lehrt, dass man ein Gericht anerkennen muss und nach dem Urteil nicht diskutieren sollte

von Chajm Guski  06.12.2024

Talmudisches

Die Tora als Elixier

Birgt die Tora Fallen, damit sich erweisen kann, wer zur wahren Interpretation würdig ist?

von Vyacheslav Dobrovych  06.12.2024

Hildesheimer Vortrag 2024

Für gemeinsame Werte einstehen

Der Präsident der Yeshiva University, Ari Berman, betonte die gemeinsamen Werte der jüdischen und nichtjüdischen Gemeinschaft

von Detlef David Kauschke  05.12.2024

Naturgewalt

Aus heiterem Himmel

Schon in der biblischen Tradition ist Regen Segen und Zerstörung zugleich – das wirkt angesichts der Bilder aus Spanien dramatisch aktuell

von Sophie Bigot Goldblum  05.12.2024

Deutschland

Die Kluft überbrücken

Der 7. Oktober hat den jüdisch-muslimischen Dialog deutlich zurückgeworfen. Wie kann eine Wiederannäherung gelingen? Vorschläge von Rabbiner Jehoschua Ahrens

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  05.12.2024

Chabad

Gruppenfoto mit 6500 Rabbinern

Tausende Rabbiner haben sich in New York zu ihrer alljährlichen Konferenz getroffen. Einer von ihnen aber fehlte

 02.12.2024